Hochgeehrte, theure Frau Schumann!
Die herzlichsten Glückwünsche bringe ich Ihnen zum Geburtstagsfeste, möchte der liebe Gott noch lange, lange Sie so frisch erhalten, ein herrliches Beispiel für Alle, die sich Ihrer Bekanntschaft u. Freundschaft erfreuen dürfen.
Könnte ich Ihnen doch bald etwas näher kommen! Eine Aussicht |2| dazu hat sich soeben aufgethan: Dessoff ist nach Frankfurt engagirt, also Carlsruhe frei. Sie sind ja Puttlitz befreundet, wollen Sie ihn auf mich aufmerksam machen? dann recht bald! –
Härtels schickten mir das Requiem f. Mig. zurück<geschickt,> versehen mit Brissler’scher „Einrichtung“, darauf antwortete ich Härtel’s folgendes:
„Einige von den Abänderungen |3| (v. Brissler) gefallen mir durchaus nicht; insbesondere wird mit den Abkürzungen gar zu radikal verfahren, auf melodisches u. rhythmisches Wesen keine Rücksicht genommen. Da ich nicht annehmen mag, dass bei der Schumann-Ausgabe Sparsamkeit als oberste Regel gelten soll, habe ich nicht umhin können, die bösartigsten Abkürzungen wieder zu entfernen, andere so zu verbessern, dass sie nicht mehr den eigentlichen Sinn |4| entstellen“. – –
„In den Orchesterstimmen z. Req. f. M. sind die deutschen Bezeichnungen der Instrumente, wie dieselben in der Part. befindlich, wieder in italienische umgeändert (z. B. Oboen statt Hoboen, Corni st. Hörner u. s. w.); aus praktischen Gründen könnte man dies wohl billigen, wenngleich dadurch Partitur u Stimmen voneinander abweichen. Da aber die so viel wichtigeren Tempo-Bezeichnungen als da sind: Langsam, feierlich; |5| Lebhaft; Feierlich, doch nicht zu langsam etc. sämmtlich <>deutsch sind ┌u. ┐ auch wohl deutsch bleiben müssen, so hat das Italiensiren [sic] der Instrument-Bezeichnung in den Orchst-Stimmen keinen Grund.“
„Ueber diesen Punkt das Urtheil der Fr. Schumann einzuholen, wäre sehr nothwendig; ihre Entscheidung würde dann auch für Manfred, Rose Pilgerf. maßgebend sein, die alle deutsch bezeichnet sind.“
|6| Sehr erbos’t war ich über Brissler’s verfahren [sic], weshalb der Brief auch danach ausgefallen ist. Entscheiden Sie Sich bald über vorstehenden Punkt, da Härtel’s das Req. zum Herbst oder zur Wintersaison herausgeben wollen.
Nun leben Sie wohl, verehrte, liebe Frau Schumann u. denken Sie unsrer an dem Festtage auch ein bischen! Voriges Jahr in München war es für uns schöner, weil wir in Ihrer Nähe sein durften.
|7| Mit den innigsten Grüßen an Sie u. Frl. Töchter
Ihr
Sie hochverehrender
Alfred Volkland
Basel, d. 10. 9. 80.
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