23.01.2024

Briefe



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ID: 19662
Geschrieben am: Mittwoch 03.01.1883
 

Hochgeehrte, theure Frau Schumann!
Wenn auch etwas spät, so doch nicht minder herzlich u. innig, sende ich Ihnen u. den lieben Fräulein Töchtern meine Wünsche zum Jahreswechsel. Mögen Sie vor Allem gesund bleiben, damit alle Ihre Freunde nach wie vor an Ihnen ein Muster von Frische u Elasticität bewundern können u. dadurch selbst erfrischt, Ihres lieben Verkehrs froh werden mögen.
Für mich ist die Weihnachts- u. Neujahrszeit keine Ruhepause; das Benefiz-Concert bringt nicht nur viele |2| Proben mit sich gerade in dieser Zeit, sondern es stempelt mich auch vorübergehend zum Impresario. Zu letzterem habe ich aber gar keine Begabung u. bin deshalb in steter Beschäftigung u. Aufregung.
Den „Gesang der Parzen“ werden Sie nun wohl auch im Clavier-Auszug besitzen u. sich aufs Neue an dem herrlichen Werke freuen. Hier war die Aufführung desselben wunderschön; ich hatte von der letzten Probe bis zur Aufführung ein wenig Angst, da sich bei dem D-dur-Satz 3/4 Takt ein Sinken geltend machte, das geeignet war, den Eindruck des Ganzen sehr zu stören. Gottlob ging es wundervoll! ich hatte aber nicht verfehlt, den Damen u. Herren des Chor’s noch einmal höchst energisch in’s Gewissen zu reden, u. zwar unmittelbar |3| vor dem Beginn des Stücks. Dieses D-dur klingt übrigens so schön, wie fast sonst nichts anderes, <> ┌auch┐ steht es in so wohlthuendem Gegensatze zu dem Vorhergehenden; umsoweniger steht es aber im Einklang mit dem Text. Denn hier sind die Götter am grausamsten geschildert, da sie noch dem armen Enkel entgel¬ten lassen, was der Ahn einst verschuldet. Haben Sie auch schon daran gedacht? ich würde mich freuen, hörte ich gelegentlich Ihre Ansicht von der Stelle.
Die „nette Jette“ hat schauderhaft viel Geschenke zu Weihnachten u. Neujahr – wie solches hier Sitte ist – erhalten, u. zwar hauptsächlich von meinen Schülern; hingegen habe ich von ihren Schülern durchaus Nichts erhalten: Herr Gott! haben’s die |4| Frauen schon in dieser Welt so sehr gut!
Nun Adjüs! liebe Frau Schumann, behalten Sie uns ein wenig lieb auch anno 83, u. bald möge sich Gelegenheit bieten, dass wir Sie sehen können.
Mit herzlichen Grüßen an Sie, Frl. Marie u Eugenia von
Ihrem ┌Sie┐ hoch u. herzlich verehrenden
Alfred Volkland
Basel, d. 3. 1. 83.
Vielen Dank für Ihren l. Brief, der gestern hier ankam, vielleicht durch die Wassernoth wurde er verspätet. Die Karte kam heute an.

  Absender: Volkland, Alfred (1639)
  Absendeort: Basel
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
398f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,213
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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