23.01.2024

Briefe



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ID: 603
Geschrieben am: Montag 09.04.1849
 

d. 9ten April 49.

Lieber Herr Reinecke,

Mit vielem Dank folgen hier die Manuscripte zurück. Die Sarabande ist ein alter Liebling von mir, die ich viele Dutzendmal mir vorgespielt. Nun aber gleich eine Bemerkung – ich hab mir den Vortrag immer Forte (markirt und kräftig) gedacht – und der Charakter der übrigen Sarabanden in den Suiten bestärkt mich darin. Fragen Sie doch vielleicht noch einen Musiker. Die Variationen haben Sie mit Liebe geschrieben, das merkt man ihnen an. Mir gefüllt Vieles und namentlich zeigen Sie sich auch in den canonischen Verschlingungen leicht und glücklich. Nun aber der Totaleindruck scheint mir kein befriedigender, und dies liegt wohl an der Kürze, und wenn Sie mir's nicht übel nehmen, an der Unruhe des Finale's . Auch wär's gut, wenn das Thema ein breiteres wäre – sinnen Sie darüber nach! Das Hauptmotiv müßte natürlich bleiben, – der 4/2 Tact aber in jedem Fall in Allabreve C umgeändert werden. Sodann klingt mir Manches hier und da nicht voll genug; da läßt sich ja auch nachhelfen. Ein etwas sonderbares Ansehen hat die 3te Variation namentlich gleich der 1. Tact, der doch eigentlich noch in die 2te Var. gehört. Wollen Sie den 2/4 Tact nicht lieber erst mit dem: XXX anfangen? Mein Rath ist, legen Sie die Variationen ein paar Monate hin, und dann die letzte Hand daran.
Von den Myrthen sagen mir besonders zu:

1) Die Widmung,
2) Die Lotosblume,
3) Du bist wie eine Blume,

an denen ich nichts zu ändern wüßte. Auch der Nußbaum gefällt mir, bis auf die rothbekreuzte Stelle, die eine Octave tiefer besser klingt. Von guter Wirkung sind auch die Lieder der Braut – nur im 2ten möcht' ich das Vorspiel weg. Dagegen gefällt mir die Verlegung der Melodie in die tiefere Octave in d. L. a. d. östlichen Rosen nicht – und auch das hochländische Wiegenlied lassen Sie ja doch ganz einfach; es macht viel bessere Wirkung.
Die 2 venetianischen Lieder –, glaub' ich, eignen sich am wenigsten für's Clavier; sie sind zu kurz und eigentlich nicht bedeutend genug für die Mühe, die sie dem Spieler machen. (Unter uns gesagt, der Componist hat daran die meiste Schuld.) – Hier haben Sie nun mein aufrichtiges Urtheil und sind mir nicht bös darum; wie lieb und theuer mir die Theilnahme ist, die Sie meinen Compositionen geschenkt, wissen Sie ja. – Nun bitte ich noch auf eine möglichst hübsche Folge der Lieder zu denken – namentlich daß sie auch in den Tonarten nicht zu schnell und fremdartig wechseln. Sodann bitt' ich Hrn. Senff um eine Revision, wenn es so weit ist, wie Sie dasselbe auch Hrn. Schuberth sagen möchten. Es bleibt sonst zu viel Aergerliches stehen. Verzeihung um die Flucht dieser Zeilen; ich habe noch einen Ausflug vor.

Mit herzlichen Grüßen
R. Sch.

Noch eine Bitte: Sie finden in dem Paquet einen Papierstreifen mit darauf bemerkten Correcturen zu m. Album. Wollten Sie so gefällig sein, dies in die Paez’sche Offizin zu besorgen? – Hrn. Grabau grüß’ ich vielmals – aber sagen Sie ihm, er solle sich nicht sehr auf das Duo freuen – es ist eigentlich für Horn geschrieben und nur das Adagio wird sich gut für das Violoncell ausnehmen. Noch eine Commission: fragen Sie doch bei Kistner, warum ich von meinen 4händigen Stücken nichts zu sehen bekomme; ich hatte um eine Revision des Titels u. der Vorbemerkung gebeten, – ob ich sie nicht bald erhielte? –

[BV-A, Nr. 1447:] C. Reinecke Leipzig [Bemerkung:] Mit einigen Bemerkungen üb. s. 4händigen Variat., u. s. Bearbeitung d. Myrthen. – Mit e. Zeddel d. Correcturen d. Album, den er an Paez geben möge.



  Absender: Schumann, Robert (1455)
  Absendeort: Dresden
  Empfänger: Reinecke, Carl (1243)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 20
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Korrespondenten in Leipzig 1830 bis 1894 / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller und Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-030-8
718-721

  Standort/Quelle:*) US-NHub; s: Frederick R. Koch Collection, GEN MSS 601, Box 55, folder 1226
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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