Leipzig, 1. April 51.
Verehrter Mann!
Der Zweck dieser Zeilen ist nur, Ihnen anzuzeigen, daß ich seit 24. März mich hier aufhalte, und mit großer Spannung einer Antwort von Ihnen entgegensehe. Ich schrieb Ihnen, daß ich in meiner Arbeit nicht fortfahren würde, bis ich von Ihnen ein Ja oder Nein erhalten würde. Da nun überdies jetzt in meinem Berufsleben eine Crisis eingetreten ist, deren Lösung ich noch nicht vorausbestimmen kann, die es aber wahrscheinlich macht, daß ich Leipzig schon Ende April wieder verlasse, – so wäre mir Viel daran gelegen, wenigstens in Ihrer Angelegenheit eine baldige Entscheidung zu haben. Ich weiß, daß Sie vielfach in Anspruch genommen sind, und daß auch eine definitive Entscheidung in ästhetischen Dingen nicht momentan gegeben werden kann – aber die vielen Ungewißheiten, in denen ich mich leider jetzt fü]gen muß, machen es mir sehr
[wün]schenswerth, wenigstens aus eine[r] durch Sie, befreit zu werden. [Meine] Zeit wird ohnehin im nächsten [halben] Jahr durch Vorbereitung zum Do[ctor]examen so knapp zugemessen s[ein], daß ich sie nur theilweise Ihrem Interesse zuwenden könnte, so d[aß] mir jetzt schon jede Stunde kostb[ar ist], die ich für Sie benutzen könnte; [wenn] ich einen definitiven Entschluß [von] Ihnen erlangte.
In den nächsten 3 Wochen we[rde] ich mehreremale von hier abw[esend] sein. Damit also Ihre Antwo[rt] sicher in meine Hände gelangt, [bitte] ich Sie, den etwaigen Brief [an] mich, durch Wenzels Hand gehen zu lassen, pr. Adr.
E. F. Wenzel, Magazingaße No. [22] entweder direct durch Post, oder durch Whistling zu besorgen. Ers[teres] wäre wohl vorzuziehen.
Mit der Bitte, mein Drängen [zu] entschuldigen, verbleibe ich, mit u[n]veränderter Hochachtung Ihr erge[bener]
Richard Pohl
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