Freitag, Januar 1860
Liebe Frau Schumann
Vor allem wir sind ganz wohl und sehr munter Mittwoch hier angekommen, nachdem wir unterwegs tüchtig geschlafen. Ich entdeckte hier, daß ich das Bach-Heft für Violoncell mit Schum.’s Begleitung bei Ihnen gelassen. Bitte, schicken Sie’s baldmöglichst. Käme es Sonntag früh, so könnte auch Johannes noch mitrathen; er fährt erst Montag früh, da Sonntag Morgens nach aller Wahrscheinlichkeit seine 2te Serenade im Atelier von |2| Kaulbach probirt wird. Mittwoch Abend war nichts bei Hof, dafür gestern. Wir spielten Beethovens F dur Sonate zusammen, u. ich noch ein paar Kleinigkeiten, Joh. nichts allein. Es musicirt sich herrlich mit ihm, wenn er will, das wissen wir schon lange! Der König war ganz enthusiasmirt, und selbst der musikfeindliche Slicher wurde ganz warm. nach dem Adagio Wir sind auf morgen (nach der ersten Quartett Soirée) wieder befohlen. Ich erzählte dem König, daß wir Sie nach |3| aller Wahrscheinlichkeit zum nächsten Concert hier sehen würden: und er frug gleich sehr freudig überrascht was Sie spielen würden. Ich mußte antworten, daß Jaell engagirt sei, und da meinte er, daß [sic] wäre Schade, Sie in der Nähe zu wissen ohne Sie zu hören. Er rief gleich die Königin, und ich versprach beiden, sofort an Sie die Bitte zu schreiben, Sie mögten wenigstens ohne Orchester die Majestäten am Klavier entschädigen, entweder Freitag, Sonntag oder Montag Abend nach dem Abonn-Concert. |4| Ich hoffe sehr, daß Sie können, und daß ich eine angenehme Antwort mittheilen darf. Schreiben Sie bald, wenn’s auch nur ein paar Worte sind. Johannes ist eben ausgegangen, die Serenade ist ganz durchgesehen; wie werde ich mich freuen wenn sie erst lebendig auch zu andern Herzen klingt! Grüße an alle im Haus!
J. J.
Brief nicht, aber Gruß erhalte[?]. Von den Eltern Grüße an Dich. Von mir die herzlichsten
Johannes.
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