Frankfurt a./M., den 29. November 1892.
Lieber Johannes,
ich habe sofort an Härtels wegen der Variationen geschrieben und beiliegende Antwort erhalten. Ich erinnere mich, daß die Sache damals mündlich besprochen wurde, und daß Robert sich nur zur vereinfachten Herausgabe entschloß, weil Härtels sie wegen des schlechten Geschäfts anders nicht nehmen wollten.
Was Deine Frage wegen des Schlusses betrifft, so besinne ich mich nicht genau, aber Marie sagt, sie wisse noch genau, daß Du die Schlußtakte dazu gemacht habest. Ist aber Dein Schluß nicht doch aus dem ersten genommen? Könnte man zu öffentlicher Benutzung den Deinen nicht in einer Anmerkung unten dabei drucken? Auf die leisen Akkorde kann ich mich auch nicht besinnen, mein Gedächtnis ist schlecht, das merke ich recht sehr ’mal wieder. Natürlich bitte ich Dich aber, alles so zu machen, wie Du es für richtig hältst.
Was Du über Joachim bemerkst, hat mich recht beschäftigt. Ich sah ihn hier eine halbe Stunde nur allein und fand ihn so freudlos, abgemagert, im Gesicht ganz wie verwittert aussehend, daß ich lange noch ganz außer mir war. Ich versuchte mit ihm über seine Kinder zu sprechen, er wandte aber das Gespräch ganz davon ab, was mir weh tat, denn wer könnte wohl innigeren Anteil nehmen? . . . .
Wie reizend sind die Meininger Herrschaften! Ich hatte diesen Winter so eine geheime Hoffnung, daß ich sie ’mal würde dort sehen – ich trage eine so liebe Erinnerung für beide mit mir herum, seit ich sie in Berchtesgaden sah. Wie wünsche ich das Beste für beide.
Für heute Lebewohl. Eben hörte ich, Schmitt aus Schwerin komme hierher.
In alter Treue
Deine
Clara.
[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Wien IV
4 Karlsstrasse.
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