Liebe Clara.
Ob ich Dir’s mit Frl. Barbi recht gemacht habe?
Ich dachte: entweder, oder. Der Concert-<Sall>Saal ist immer ein zweifelhaftes Vergnügen u. <da> nur sicher dabei der Aerger über einige Zwischennummern. Könnte Dir nun Frl. B. u. ihr Gesang sympathisch sein so hättest Du jedenfalls mehr Plaisir davon im Zimmer u. mit ihr allein.
|2| So habe ich ihr also vor Allem schreiben laßen, sie möge Dich besuchen!?
Wenn Dir das überhaupt recht ist, so bringt Ihr hoffentlich ein behagliches Stündchen fertig.
Ganz leicht wird das nicht sein, denn Du hast nicht viel Zeit u. sie darf sich, namentlich an Concerttagen nicht viel zumuthen.
Falls Ihr aber einmal friedlich allein am Clavier sitzt so laße Dir von Schumann z. B. „Mutter, Mutter“ vorsingen u. alte italienische Sachen die Dich interessiren u. auch wohl entzücken werden.
|3| Heute Früh haben wir mein neues Streichquintett probirt u. es war nicht unlustig. Ich dachte u. wünschte dabei es möchte in Frankfurt sein u. Joachim zufällig dabei!
Die Philharmoniker hier zeigen mein d moll-Concert an. Ich denke mir Borwick wird es spielen? Er hat es ja in London unter Richter gespielt. Du giebtst ihm wahrscheinlich auch eine Carte an Streichers mit. Willst Du dabei doch bedenken daß er bei Str. schwerlich einen |4| Concertflügel findet! Daß er nicht etwa durch Deine Empfehlung sich verpflichtet u. gebunden erachtet!
Die Todes-Anzeige der alten Frau Wittgenstein wirst Du bekommen haben? 77 Jahr, 11 Kinder, 30 Enkel, ein glückliches behagliches Leben u. nach wenig Tagen Krankheit ein ruhiges Abscheiden – eigentlich condoliren kann man da doch nicht?
Für Deinen Brief danke ich auch noch schönstens. Deine Carte sagte aber nicht wann die Barbi dort ist, es ist auch fraglich ob unser Brief sie erreicht – gern erführe ich mit kurzem Wort, ob überhaupt u. ob Du sie gern gehört u. gesehen!?
Mit herzlichsten Grüßen
Dein Johannes.
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