Montag früh
Theuere, verehrte Freundin!
Daß meine Gedanken mehr als einmal bei Ihnen, den Ihrigen und Johannes sind – das wisset Ihr! Mein Körper sind [sic] gebunden, ja sogar die Schreibhände: kaum ist Grimm fort, so ist ein Schwager aus Pesth bei mir. Auch sonst ist manches in Anspruch nehmende hier, aber nicht so angenehmes als jetzt Ihre gebenden, liebverbreitenden Hände für die Ihren wahrscheinlich beschäftigt. Mir ist’s ein bischen wüst zu Sinne – entschädigen Sie mich für die Entbehrung während der Weihnachtszeit, dadurch daß Sie mir Ihre Ankunft genau melden wenn’s nöthig durch Telegraph. um in meiner Stube von der Reise auszuruhen, der Sie dann die Weihe der Ruhe wiederbringen. Mein Schwager reist heut noch fort, es ist manches zu erzählen, auch Gutes. Ihr Brief aus Schwerin bildet noch fortwährend den Gegenstand vergeblicher Anfragen meinerseits bei der Post! Wie Schade um ihn! Mit Soirée hier wollen wir, wie Sie vorschlagen, bis zum Ende der Saison warten, der ungünstigen Zeit wegen. Auf den Schluß Ihres lieben letzten Briefes kann ich nur wünschend antworten: ich wollte ich wäre weniger arm um der Freundin mehr zu sein, von der ich so viel Gutes erfahre und Großes lernen möchte! Und Sie sprechen von Reichthum! Nur dankbar, treu und beständig sollen Sie meinen Willen nennen Ihnen
gegenüber.
J. Joachim.
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