Frankfurt a/M d. 17 Jan. 1890
Meine lieben Freunde,
wie spät kommt mein Dank für Ihre lieben Briefe, die mich so innig erfreut haben! aber ach, die guten Wünsche helfen nicht, ich bin ein armer Kerl, liege jetzt 3 Wochen an der abscheulichen Influenza. Gott sei Dank, habe ich meinen Kindern keine ernste Sorge gemacht, aber ich habe peinvolle Tage |2| verbracht, und werde mich sehr langsam erholen. Morgen soll ich zum ersten Male wieder aufstehen und in meine Wohnstube gehen.
Nun vor allem wärmsten Dank Ihnen Beiden u. herzlichstes Erwiedern Ihrer guten Wünsche. Möge das neue Jahr Sie in so guter Stimmung erhalten, wie sie aus Ihren beiden Briefen spricht. Ja, lieber Volkland, denken Sie nur nicht an Duesseld. oder sonst wohin, so schöne |3| Stellung giebt es kaum irgendwo, und welche künstlerische Freudentage feyern Sie! – Höheres giebt es ja nicht. Ich möchte, ich könnte auch ’mal wieder mit Ihnen jubiliren! nun, vielleicht zum Faust? unter Ihrer Leitung, einer Hingabe, eines Durchdringen des Werks, wie doch nur Wenigen es verliehen ist – das könnte mich schon nach Basel verlocken! aber auch, ohne Faust sähe ich Sie Beiden so gern – ach, man sieht sich gar zu wenig, <>viel zu wenig!
|4| Sie scheinen von Sybel nicht so entzückt wie von Treitschke – es würde mich interressiren gelegentlich ’mal etwas darüber v. Ihnen zu hören – das Buch war mehrfach auf unseren Weihnachtstischen.
Das Schreiben im Bett strengt doch sehr an, haben Sie daher Nachsicht. So wollen wir denn getrost sagen „auf baldiges Wiedersehen in F Dur u. sonstigen schönen Tonarten.“
Bleiben Sie Beide gut
Ihrer
getreuesten
Clara Schumann.
Die Töchter grüßen und wünschen alles Gute – sie waren meine Schutzgeister!
[Umschlag]
Herrn
und Frau
Dr A. Volkland.
Basel.
Domhof.
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