23.01.2024

Briefe



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ID: 9952
Geschrieben am: Freitag 07.01.1870
 

Wien d. 7 Januar 1870.

Liebster Joachim,

so eben höre ich, daß mein Ferdinand Ihnen ein kleines Geschenk, was ich dachte Ihnen und Ihrer lieben Frau, eine kleine Freude machen sollte, überbracht hat, ohne sowohl <> meine Zeilen an Sie, als das noch fehlende Blatt abzuwarten. Es ist mir sehr leid, daß durch seinen Eifer Sie die Blätter so ohne ein Wort von mir erhielten. Nicht, daß ich voraussetze es müsse Ihnen daran viel liegen, doch hätte ich mit der Uebersendung gern Ihnen gesagt, wie es mir eine Herzensfreude wäre, schafften Ihnen Diese ein wenig Vergnügen. Leider hörte ich, daß Ihre Frau recht unwohl gewesen, und noch immer nicht singen darf. Sie soll nur ja nicht zu früh wieder anfangen. Ich hoffe zu Gott, die Krankheit wird keine nachtheiligen Folgen für sie haben, und bin nur froh, daß sie übrigens wieder hergestellt. Grüßen Sie sie doch recht von Herzen von mir. Mir ist es auch nicht sehr gut gegangen mit der Gesundheit, der Rheumatismus verfolgt mich dies Jahr mehr denn je! kaum hatte ich hier das erste Concert gegeben, bekam ich einen rheumatischen Schmerz im 3ten Finger der rechten Hand, und, obgleich jetzt nach 3 Wochen etwas besser, ist er doch noch da, genirt mich aber zum Glück nicht mehr beim Spielen. Vorgestern gab ich mein 3tes Concert, wo Alles ausverkauft war, und eine Aufnahme die man nur eine enthusiastische nennen kann. Es hat mich sehr gefreut. Johannes Liebeslieder führten wir auch auf, sie gingen vortrefflich. Zweie wiederholten wir, und wurde der Componist gerufen. Sie rüsten nun wohl auch zur baldigen Abreise?
auch ich muß daran denken das liebe Wien zu verlassen. Nächste Woche concertire ich in Graz (Pest diesmal nicht, die Zeit ist zu kurz) und dann muß ich wohl nach Cöln über Dresden, wo ich Ludwig ein paar Tage besuchen will. In London sehen wir uns, so hoffe ich es, wieder; ich denke acht Tage vor meinem Auftreten dort schon einzutreffen, um recht ordentlich Kräffte zu sammeln. So denn, herzlichste Grüße, glückliche Reise, baldigste gänzliche Genesung Ihrer lieben Ursi, Küsse den lieblichen Kindern und sonst noch alles möglichst Gute von Ihrer alten
Cl. Sch.

Marie grüßt mit besten Wünschen Sie Alle.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Wien
  Empfänger: Joachim, Joseph (773)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1004f.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6531-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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