14 Lichtenthal Baden-Baden 17ter Sept. 1868.
Lieber Stockhausen,
Ich wartete von Tag zu Tag, weil ich gerne eigenständig Ihren lieben Brief beantworten wollte, aber die Briefe häufen sich so, daß, wenn ich mich nicht heute an’s dictiren gebe, ich Ihnen meinen Dank noch lange schuldig bleiben müßte, und das möchte ich wahrlich nicht, haben Sie mir doch mit Ihrem lieben Geburtstagswunsch eine herzliche Freude gemacht. Freilich waren Ihre Nachrichten traurig genug, und danach der Tod Ihres Vaters eine Erlösung für ihn wie für seine Umgebung, die ja immer das traurige und aufreibende Gefühl haben mußte, dabei zu stehen wenn er litt ohne helfen zu können. Bitte sprechen Sie Ihrer Frau Mutter meine innigste Theilnahme aus; kam der Verlust auch längst erwartet, so ist ein Solcher dann in der Wirklichkeit doch sehr hart, und eine Frau verliert in dem Mann doch immer den besten und treusten Freund. Wie lange werden Sie nun in Colmar bleiben? Bis zur Faust- Aufführung in Basel? Es ist möglich daß ich zu dieser dahin komme, wie Herr Walter, der mich neulich besuchte, die Idee hatte, mit der Aufführung des ersten Theiles im Concert mein Spiel daselbst sich vereinigen ließe. Ich warte auf Nachricht von dort. Schon vorigen Winter sollte ich in Basel spielen, konnte es aber nicht einrichten; macht es sich nun in diesem Concert nicht, so wird dieses Jahr wahrscheinlich auch wieder nichts daraus. Wie steht es denn eigentlich mit Baden? Kommen Sie garnicht hierher? Gehen Sie wieder nach Hamburg? Ich habe dort am 6ten November zu spielen versprochen. Lassen Sie mich bald Näheres wissen und nehmen Sie nochmals herzlichsten Dank und die schönsten Grüße für sich und Ihre liebe Frau die nun wohl bei Ihnen ist? Auch die Meinigen grüßen Alle dankend für Ihre Grüße. Ich denke mir Ihres Bleibens doch nicht mehr so sehr lange in Colmar. Am Ende überraschen Sie uns plötzlich eines schönen Tages hier!
In alter treuer
Gesinnung
Ihre
Clara Schumann.
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