23.01.2024

Briefe



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ID: 9605
Geschrieben am: Donnerstag 12.10.1865 bis: 13.10.1865
 

Baden-Baden d. 12 October 1865.

Lieber Joachim,

ich hätte Ihnen so Vielerlei mitzutheilen, und weiß nicht recht, wo anfangen. Also fürerst: die Frankfurther stimmen, da Sie vorher im Museum spielen, für eine Soiree nur! ich würde dem Rathe nicht folgen wären nicht die Kosten in dem Saale (dem einzig passenden) sehr groß (gegen 400 Gulden). So haben wir denn d. 31 October belegt und in Heidelberg, wo man sich sehr freut, d. 4 Nov. – ist Ihnen das recht? ich sende Ihnen hierbei das Programm und bitte auszufüllen und zu ändern, was Ihnen nicht recht ist, muß aber sehr bitten, daß Sie mir die Programme (auch das Heidelberger) umgehend zurücksenden, denn an beiden Orten ist man den Umlauf von Listen gewöhnt, und wartet auf das Programm, welches Denselben voran stehen muß. Ich bin namentlich in Frankfurth gar nicht für die Liste, da der Diener für jedes Billet 12 x nimmt – unerhört! ich schreibe deshalb auch noch mal an Hartmann. In Mannheim und Carlsruhe bitten sie auch um Concerte, ich muß aber erst bestimmt von Ihnen wissen, ob Sie bis zum 10ten Nov. frey sind, und ob Sie mir Vollmacht geben? es ist gar zu weitläufig immer erst zu schreiben. Ich dachte z. B. man hätte auch vielleicht in Stuttgart spielen können – was meinen Sie dazu? und nun vor allem, wie steht’s mit Berlin? soll ich wegen zwei Soireen (wir kündigen aber nach dem Rathe Einiger in Berlin, nur Eine an) an den Hauswart der Singacademie schreiben? ich spiele am 14ten in Schwerin und 17ten in Hamburg, wäre dann am 18ten in Berlin, und könnten wir schon den 19 oder 20 die erste Soiree haben. Ihr Orchester-Concert könnten Sie dann vielleicht so zwischen d. 12–16ten geben? es müssen doch von Ihrem Concerte bis zu unserer Soiree ein paar Tage Zwischenraum sein – wenigstens doch 3–4 Tage – meinen Sie nicht? Die liebe Lady Noël ist hier, nur leider findet sie mich <> in einem Troubel, den Kopf so voll von Geschäfften aller Art, daß ich nur mit Mühe ihr Zeit widmen kann. Mir scheint, sie begreift es gar nicht, daß man so viel zu thuen haben könne. Sie begreifen es aber, liebster Freund, und haben Nachsicht mit diesen geschäfftlichen und und flüchtigen Zeilen. 1000 schöne Grüße. Bitte gleich um Rücksendung der Programms [sic] und einige kurze
Antworten. Ihre Cl. Sch.

Frankfurt d. 31 October
–––––––
1. Sonate Mozart A dur.
2. Var. sérieuses von Mendelssohn.
3. Viol Bach?
4. Var. für 2 Claviere von R. Schumann (mit Elise wenn ich sie dazu bewegen kann.)
5. Viol Solo – Beethov Romanze, oder Spohr?
6. Kreuzer Sonate.
Heidelberg d. 4 Nov.
–––––––
1. Sonate Mozart A dur.
2. Chiaconne [sic] (besonders gewünscht worden.)
3. Carnaval von Schumann
4. Soli’s f. Viol
5. Kreuzer Sonate. (ohne Diese geht es nun ’mal nicht.)
Sollten Sie es besser finden in Frankfurth mit der A moll Sonate von Schumann anzufangen, so ist es mir recht – ich wählte sie nicht, weil das Frankfurther Publikum Schumann noch wenig kennt.

D. 13. Ich ließ gestern meinen Brief liegen, weil ich auf die durch Lady Noël von Ihnen versprochene Nachricht wartete, und das war gut. Vieles haben ich zufällig im voraus beantwortet. Ich bin doch mehr für Berlin als Dresden – Letzteres ließe sich vielleicht im Januar machen, wenn ich nach Wien gehe – da wären auch wohl in Prag gute Soireen zu geben. Wollen Sie also vor allem an Schäff schreiben und für Ihr Concert einen Tag nehmen, dann noch zwei Tage zu Soireen, und aber Schäff bitten Dieser Soireen zu Niemand zu erwähnen. Des Saales muß man sich aber vorher vergewissern, das geht nicht anders. Wollten Sie die Sache mit Schäff übernehmen, so wäre mir dies allerdings sehr erwünscht, denn es lastet wirklich entsetzlich viel auf mir jetzt. Aber deshalb hinzureisen, das brauchen Sie nicht, wenn Sie es nicht vielleicht gern thäten, um mit Radecke gleich Alles zu besprechen und gleich Ihr Programm festzusetzen, auch mit Dem wegen einer Sängerin zu sprechen – das wäre eigentlich doch so übel nicht. Aber, wie leid thut es mir daß ich Ihr G dur Concert in Cöln nicht hören kann – das werde ich wohl nie hören! Und was hätte ich darum gegeben in Hamburg sein zu können! derweilen sitze ich hier im unerquicklichsten Troubel. Haben Sie Dank für den schönen Bericht. Die Programms senden Sie, bitte, gleich zurück, und sagen Sie offen Alles was Ihnen nicht gefällt, und was Ihnen sonst etwa nicht lieb ist – nicht wahr, liebster Joachim, das thuen Sie? setzte ich das nicht voraus ich könnte doch nicht so selbständig verfahren. So leben Sie denn wohl – ich werde am Dienstag im Geiste bei Ihnen sein, in rechter großer Sehnsucht.
Ihre
alte
Cl. Sch.

Hiller, Rudorff grüßen Sie. Bitte geben Sie Inliegendes Hiller mit der Bitte um sofortige Besorgung.

P. S. Mir fällt noch ein, daß Sie gegen Schäff erwähnen wollen, wenn er Sie etwa deshalb befragt, daß wir in unseren Soireen dieselben Preise stellen, wie vor’m Jahr mit Stockhausen. Sie sind doch auch der Ansicht? Schreiben Sie ja Ihre künftige Adresse. Grimms sind, glaube ich, noch hier. Frau Gisel ist so unwohl geworden, daß sie nicht fort konnten. Ich sah sie nur ein Mal. Lady Noël erwiedert die Wünsche aufs Wärmste, Sie reist heute ab.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: Joachim, Joseph (773)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
859-863

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6491-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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