Baden d. 17 Septbr. 1863
Liebe Frau Riggenbach,
wie freundlich haben Sie und Ihr lieber Mann mich durch Ihr reizendes Geschenk überrascht, aber, darf ich es offen sagen, auch in Verlegenheit gesetzt! Sie erweisen mir der Freundlichkeiten immer, und ich kann Ihnen so gar nichts dafür thuen, nicht ’mal Ihnen die Hand drücken, daß Sie es fühlen! –
Kirchner kam an dem Tage von Mannheim, recht |2| mir zur schönsten Geburtstag-Freude, obgleich zufällig, denn er hatte nicht an den Tag gedacht! so hatte er auch Ihres lieben Mannes Geburtstag vergessen was ihm sehr leid that. Es ist doch überhaupt selten, daß Männer sich solcher Tage erinnern, wenn es nicht in der eignen Familie ist, oder durch langes Zusammenleben an einem Orte so quasi Gewohnheit geworden daran zu denken.
Leider verläßt Kirchner mich morgen, und nun wohl |3| für den ganzen langen Winter. Daß er in Zürich bleibt war Ihnen gewiß sehr erfreulich zu hören – für jetzt war es aber auch gewiß das beste. Gehe ihm nur Alles recht nach Wunsch dort! –
Sie werden wohl Bipp auch bald verlassen? gewiß wieder mit schwerem Herzen!
Nun seyen Sie und all Ihre Lieben recht herzlich gegrüßt – es gehe Ihnen recht gut, dies wünscht Ihnen allezeit
Ihre
dankbar ergeb
Clara Schumann.
Meine Kinder grüßen schönstens.
"...Kirchner kam an dem Tage von Mannheim, wohl mir zur schönsten Geburtstag-Freude, obgleich zufällig, denn er hatte nicht an den Tag gedacht! ... Es ist doch überhaupt selten, daß Männer sich solcher Tage erinnern..."
Kat. Erasmushaus Nr. 844: April 1987, S. 55, Los 243 (gekürzt, Faksimile des Umschlages S. 54)
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