Verehrter Herr,
So gern hätte ich Ihren gestrigen werthen Besuch schon heute erwidert, fühle mich aber von der gestrigen Angst-Aufführung so ermattet, daß ich mich heute ganz ruhig verhalten muß. Eben über das Übereilte der Aufführung hätte ich Ihnen gern einiges Nähere mitgetheilt, wie ich denn auch durchaus gegen die Aufführung war und mich nur, um die übrigens so hochzuschätzende Gesellschaft der Akademie nicht zu beleidigen, zur Direction bewegen ließ. Einen großen Theil der Störungen muß ich leider Frl. Tuczek und Hrn. Kraus indirect zur Last legen, die bis vor zwei Tagen die beiden Haupt-Solopartien zu übernehmen versprochen und auf einmal absagten. Frl. Tuczek hatte sogar schon die Proben mitgemacht. So fielen denn gerade die Hauptpartien in ganz unsichere Hände, wie gern übrigens ich die Bereitwilligkeit anerkenne, mit der Frau Burchard und Hr. Neumann [?] aushalfen. Die größten Fehler konnten so nicht ausbleiben und sind nicht ausgeblieben; man sah überall den Kampf mit den Noten; an Aussprache, Ausdruck, Sicherheit war da nicht zu denken. Und dies bei einem so zarten duftigen Gedicht gerade! Wie leid thut es mir. Da tröstet mich denn nur, daß die Partitur gedruckt und daß sie zur Einsicht für Theilnehmende fertig da ist. Haben Sie, geehrter Herr, der Sie meine ersten Versuche vor Jahren wenn nicht immer billigend, so doch nicht ohne Interesse verfolgt, in den nächsten Tagen etwas Zeit, einen Blick in das Werk zu werfen, so soll es mich freuen. Viel klarer und eindringlicher, denke ich, werden Ihnen so die Freuden und Leiden jener lieblichen orientalischen Fee erklingen, als es gestern sein konnte.
Und so nehmen Sie mit der Bitte, Sie bald persönlich begrüßen zu dürfen, die Versicherung alter und neuer Hochachtung
Ihres ergebenen
R. Schumann.
B[erlin], den 18ten Februar 1847.
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