23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 8291
Geschrieben am: Sonntag 05.07.1885
 


Wildbad-Gastein, d. 5 Juli 1885 bei Frau Laura Windischbauer.
Liebe Frau Volkland,
recht lange währte es, daß ich Ihnen auf Ihren lieben letzten Brief nicht antwortete – es war aber bei uns wieder ’mal eine schreckliche Hetze bis wir fortkamen. Es ist doch unglaublich was da Alles zu thuen giebt, wenn <>man auf 2–3 Monate fort geht vom Hause! die arme Marie hat es immer am schwersten, nur das Denken allein. Nun, Sie wissen das Alles, u. haben gewiß freundliche Nachsicht mit mir. Vor ein paar Tagen sind wir nun hier angelangt, haben sehr nette Wohnung, |3| bereits begonnen mit den Bädern ect., langweilen uns aber sehr! viel arbeiten soll man nicht, viel gehen können wir Beide nicht, Bekannte haben wir noch Keine gefunden, und so zählen wir die Tage ab, und haben die Hoffnung bald (am 23ten denken wir) auf unseren schönen Obersalzberg zu kommen. Warum ich eigentlich hierher gegangen, ich weiß es nicht recht, es wurde┌mir┐ immer so zugeredet wegen der häufigen Newralgie-Zufälle, und da dachte ich, ich wollte es als eine Pflichterfüllung betrachten. Nun sind Herzogenbergs schon dort, auch Francks, u. oben sogar Levi, der nicht wußte, daß wir diesen Juli nicht dort sein würden. Das trifft sich recht ungünstig für uns, und thut mir sehr leid.
|2| Eugenie haben Sie gewiß nun schon öfter gesprochen, und alles Weitere von uns gehört. Die Trennung von ihr wurde mir recht schwer, aber nach vielem Hin und Her Ueberlegen schien uns die Einrichtung, so wie wir sie gemacht, am besten. –
Was haben Sie wohl vor? wohin reisen Sie? bitte, danken Sie Ihrem lieben Manne für die Carte die ich hier erhielt, und ich frage ganz leise an, ob ich wohl kleine Sendungen noch fort machen darf, u. wohin? Wäre doch nur die Sache ’mal endlich fertig!
Also Bagge eine Sinfonie? das ist ja ganz unglaublich! die Herzogenberg’sche braucht aber deshalb doch nicht bei Seite geschoben zu werden? ich denke, Diese kommt den nächsten Winter gewiß überall daran. Gingen nur H. nicht nach Berlin, darüber komme ich gar nicht hinweg! ich fürchte so sehr für Lisl das Clima dort. Jetzt |4| geht es ihr aber sehr gut, wie ich zu meiner Freude höre. Sie sollten doch sie und uns oben ’mal besuchen!
Ich schließe, denn zu erzählen weiß ich nichts, was Sie nicht durch Eug. wüßten, u. so drücke ich Ihnen Beiden nur noch herzlichst die Hand, bitte um ein baldiges Briefchen, damit ich weiß, wo meine Gedanken Sie suchen können – und die Paquete, setzt der liebe Mann vielleicht hinzu! Sie wissen aber, daß meine Gedanken oft und in steter treuer Theilname bei Ihnen weilen, und so leben Sie wohl und vergnügt. Möge Ihr Mann sich fort so wohl fühlen, wie Sie es mir schrieben, und seine Nerven recht stärken zu neuen musikalischen Festen für die Baseler. Ihre alte Clara Schumann.
Gehen Sie zum Züricher Fest? Hat Stockhausen <> bei Ihnen gesungen?
Von Marie schönste Grüße. Es geht ihr leidlich.
[Umschlag]
Frau Musikdirector
Henriette Volkland.
in
Basel.
(Schweiz.)
Domhof.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Wildbad-Gastein
  Empfänger: Volkland, Henriette (1640)
  Empfangsort: Basel
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
490-493

  Standort/Quelle:*) D-F, s: Autogr. K. Schumann, Nr. 151
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.