23.01.2024

Briefe



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ID: 8151
Geschrieben am: Montag 03.01.1842
 

Leipzig d. 3 Jan. 1842

Mit der größten Freude, meine geliebte Pauline, habe ich die Nachricht von Deiner Mutter erhalten, daß es Dir nun auch vergönnt ist Mutterfreuden zu fühlen. Nimm meinen und meines Roberts herzlichsten Glückwunsch. Auch ich bin seit 4 Monaten glücklich in meiner kleinen Marie, die ein Ebenbild ihres Vaters ist – jetzt von Außen, später einmal, hoffe ich, auch im Innern. Ach, Du glaubst es nicht, was für unendliche Freude Einem so ein kleines Wesen macht, je älter es wird; nach dem ersten viertel Jahr, sieht man täglich Fortschritte an Körper und Verstand, und man wird selbst wieder mit zum Kinde. |2| Deiner lieben Mutter sage meinen schönsten Dank für ihre Zeilen, die mich zugleich überzeugten, daß Ihr doch noch zuweilen meiner gedenkt. Schmerzlich war es mir, von Dir, meine liebe Freundin, so lange keine Nachricht zu haben, auch war ich betroffen, daß Du mir mein letztes Schreiben nicht beantwortetest; doch nun ist Alles gut, und ganz erfreut werde ich seyn, wenn Du selbst mich erst wieder Deiner Freundschaft versicherst. Werdet Ihr jetzt in Paris bleiben? welche Kunst-Pläne hast Du? werde ich Dich denn nicht bald einmal sehen? wie ich mich danach sehne, das glaubst Du nicht, meine liebe gute Pauline. Wir denken noch ein Jahr hier zu bleiben, und dann nach Wien, Paris oder Petersburg auf mehrere Jahre zu ziehen. Im Februar machen wir eine kleine Reise nach Hamburg und vielleicht Kopenhagen, wenn uns das |3| Heimweh und die Sehnsucht nach der Kleinen, die wir doch im Winter nicht gut mit uns nehmen können, nicht so anficht, daß wir schon von Hamburg wieder zurückkehren. Mir ist schon der Gedanke an die Trennung von meinem Engelchen schmerzlich. Mein lieber Mann ist sehr fleißig. Ich gab vor Kurzem hier ein außerordentlich brillantes Concert, worin u. A. 2 Symphonieen von meinem Mann gespielt wurden, und Liszt mit mir ein Duo vortrug. Das Publikum war wahrhaft electrisirt. Ich spielte vor einigen Tagen wieder in einem der Gewandhausconcerte, und erregte einen Enthusiasmus, wie er mir hier noch nicht vorgekommen. Es ist gewiß etwas Seltenes daß ein Talent in seiner Vaterstadt so anerkannt wird, als das Meinige, und was mich so sehr freut, ist die allgemeine Liebe und Achtung, welche wir hier genießen. |4| Jetzt habe ich Dir genug von uns vorgeplaudert, nun erfülle Du Freundespflichten, und laß mich viel recht viel von Euch wissen, und vor allen Dingen, wie es Dir nach dem Wochenbett geht – das ist ein Krankseyn, das viele schöne Kräfte raubt, doch auch wieder Neue giebt in der Freude.
Grüße die Deinigen, Deinen lieben Mann unbekannter Weise, und gedenke recht bald einmal
Deiner
treuesten aller Freundinnen
Clara.

NB. Ein Brief von Dir trifft mich jederzeit unter der Adresse: Clara Schumann geb. Wieck in Leipzig.



  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Viardot-Garcia, Pauline, geb. Garcia, Pauline (1623)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
904ff.

  Standort/Quelle:*) Privatbesitz
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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