Dresden d. 31 Dec: 1848
Lieber Herr Concertmeister,
Sie werden wohl errathen, was mich heute zu Ihnen führt, und so will ich denn auch gleich mit der Sprache heraus! Sie haben vielleicht vom Doctor Härtel schon gehört, daß ich, veranlaßt durch die Freundlichkeit der Schröder-Devrient, die Absicht habe Montag d. 8 Jan: eine Soiree in Leipzig zu geben, und komme ich nun mit der großen Bitte, ob Sie, lieber Herr Concertmeister, wohl meines Mannes Quintett mit mir spielen wollten? und ob Sie ferner auch noch die Güte haben wollen, die anderen <> Drei Herren in meinem Namen darum zu bitten? ich wollte erst Robert's Trio spielen, doch scheint es mir gerade in dieser Soiree, wo die Devrient das Publikum gewiß sehr in Anspruch nimmt, zu ernst, und das Quintett ist ja auch lange nicht gespielt! Recht freundlich wäre es von Ihnen, gäben Sie mir bald eine Antwort, und auch wegen der anderen Herren - es werden wohl wie früher die Herren Klengel, Hunger und Wittmann sein? ich möchte spätestens Mittwoch das Programm an Härtel schicken, und wüßte deshalb Ihr hoffentlich freundliches Ja gern bis dahin. Ich habe vor einigen Tagen das Quintett hier mit großem Furore gespielt - der Dresden Zopf verschwand einmal gänzlich! Nun komme ich aber gleich im Voraus mit noch einer Bitte: ist es Ihnen möglich eine Probe des Quintett's Son_tag Vormittag bei'm Dr. Härtel zu halten? etwa um 10 Uhr? und wollen Sie, im Fall es Ihnen paßt die Probe dann zugleich mit den anderen Herren bereden? wir kommen erst Sonnabend Abend nach Leipzig, daher es mir unmöglich ist, die Sache anders, als schrifftlich zu besprechen. Kurz und gut, ich bin einmal wieder recht zudringlich, Doch Sie verzeihen mit Ihrer gewohnten Freundlichkeit, und erfreuen mich noch obendrein mit einigen Zeilen - ein Brief von Ihnen hat immer seinen zweifachen Werth, und nie öffnet man ihn, als mit heiterem Gesicht. Und so will ich Ihnen denn auch gleich noch Roberts schönsten Dank für den letzten Brief sagen - bald hoffen wir Sie Selbst zu sehen, und freuen uns nach langer Zeit einmal wieder ein Stündchen mit Ihnen zu plaudern. Ihrer lieben Frau meinen herzlichsten Gruß, und Sie, lieber Herr Concertmeister, entschuldigen nachsichtsvoll meine vielen Bitten.
Ihre
wahrhaft ergebene
Clara Schumann.
Lassen Sie mich Ihnen und Ihrer lieben Familie noch ein fröhliches Neujahr wünschen!
Sr Wohlgeboren
Herrn Concertmeister
Ferdinand David.
in
Leipzig.
Franco.
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