23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 7861
Geschrieben am: Montag 27.04.1885
 

Frankf. d. 27 April 1885.
Liebe Frau Volkland
erst gestern hierher zurückkehrend fand ich Ihren lieben Brief und das schöne Geschenk das unseren Balcon wahrhaft ziert. Ich sollte zanken, denn in Verlegenheit setzt es mich, daß Sie mich, die Ihrem lieben Manne so <>Verpflichtete, noch beschenken, aber, |3| gefreut habe ich mich dennoch, u. drücke Ihnen Beiden herzlichst dankend die Hand. –
Ihr Brief hat mich auch verlegen gemacht, Sie danken so viel, u. hat¬ten so Wenig! –
Durch die Reise waren wir doch etwas beunruhigt, u. überhaupt durch all das Erlebte gedrückt! – Eugenie fand ich leider noch nicht kräftiger, u. Fillu bettlägrig, das war auch nicht sehr erfreulich, aber, wir |2| sind doch so gern wieder zu Haus, und leben jetzt in schönen Erinnerungen. Es ist in Berlin Alles so herrlich abgelaufen, ich habe so glücklich gespielt, daß ich selbst zufrieden war. Vorgestern gab ich noch mit Joachim ein Orchester-Concert, das brillant ausfiel. 1) Coriolan, 2) A moll Concert (Schu¬mann), 3) 3 Stücke Bach, Gartenmelodie u. Springbrunnen mit Orchester (Rudorffsche Bearbeitung) f. Violine, 4) Notturno v. Chopin u. Rhapsodie G moll Brahms (Clavier), Canon H moll zugegeben, |4| 5, ungarisches Concert Joachim. Ich war wieder ganz entzückt über das Stück, es hat mich mehr denn je ergriffen in seiner wunderbar tief wehmuthsvollen Stimmung, seiner interressanten Arbeit, und, wie er es spielt, wie er Einem mit seinen Melodien in das innerste Mark greift! –
Sehr erfreut war ich ┌Ihrem Briefe┐ zu entnehmen, daß Ihre Reise möglicherweise ersprießliche Folgen für Ihren Mann haben kann. Mit Leipzig scheint mir, nachdem wir viel darüber nach gedacht, daß das Verhältniß |5| mit Reinicke mißlich, ich glaube, Ihr Mann würde viel Aerger haben, und, die Hauptsache, er kann doch keine zweite Stellung in einer Stadt bekleiden, nachdem er so viele Jahre die Erste inne gehabt!!! –
Ich fand hier auch die letzte Sendung, und schicke nächster Tage wieder Etwas.
Viel giebt es zu thuen, und ich schließe daher früher, als ich möchte! es gäbe noch Manches zu erzählen. |7| Leider sah ich Spitta’s nicht, ich wohnte so sehr entfernt von ihnen, u. mußte mich f. d. Concerte so viel schonen, als es bei den vielen Einladungen möglich war. Ich habe nun aber an Sp. geschrieben daß sie uns doch von Basel aus ihre Tochter schicken, u. wir sie dann von hier gern <> versorgen wollen, so daß sie sicher zu ihnen gelange, ohne daß Frau Spitta sie abholt.
Ich hoffe, sie nehmen es an.
|6| Unser Gärtchen ist geradezu paradiesisch jetzt, Alles grünt u. blüht – herrlich. Möchte der Himmel seinen Frühling auch über uns arme Menschen ergießen und uns reinen Genuß in diesem Sommer vergönnen! –
Die Kinder grüßen – wir erwarten jede Stunde jetzt von Sommerhoff eine Freuden-Bothschaft. Adieu Sie lieben Beide.
Getreu Ihre
Clara Schumann.
|8| Moll ist wieder hergestellt! er freute sich sehr, als wir wieder kamen. Daß noch einmal ein Thier in unser Leben spielen sollte, hätte ich nie geglaubt! –
[Umschlag]
Frau
Musikdirectorin
Henriette Volkland.
in
Basel.
Schweiz.
Domhof.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Volkland, Henriette (1640)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
477-480

  Standort/Quelle:*) D-F, s: Autogr. K. Schumann, Nr. 144
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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