Baden Baden 19 Septb. 71.
Liebes Fräulein,
Kann ich Ihnen auch nicht eigenhändig schreiben, da ich meine Hand wegen häufiger Schmerzen sehr schonen muß, so möchte ich Ihnen doch wenigstens einen innigen Dankesgruß für Ihren so lieben Brief senden. Wie sehr hat es mich überrascht, daß Sie meiner an dem Tage gedacht und wie habe ich aber vor Allem mich gefreut, so viel Gutes von Ihnen selbst zu hören! Auch von uns kann ich Ihnen solches sagen, und mein Sohn Ferdinand wird Ihnen gern, sollte er Sie vielleicht einmal bei Eckerts treffen, Weiteres von uns erzählen. Ich bin jetzt durch den herannahenden Winter und vielen Besuch, der sich all’ auf diesen Monat zusammengedrängt, außerordentlich in Anspruch genommen. Ich denke, im November |2| nach Wien zu gehen, und wenn ich nicht nach England gehe, nach Weihnachten auch Berlin zu besuchen. Wie herzlich ich mich freue, Sie dann zu sehen, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen. Sollte Jemand der Ihrigen in Wien gern meine Concerte besuchen wollen, so bitte ich dieselben nur, mir ein Wort zu schreiben, wann ich dort bin. Daß Herr Ullmann Sängerinnen für Covent-Garden engagire, wußte ich nicht, bis jetzt kannte ich ihn nur als Concert-Arrangeur. Es freut mich aber sehr, daß Sie in London einen Anfang machen – ich glaube und wünsche es Ihnen von ganzem Herzen, daß Sie schönen Erfolg dort haben werden – am Liebsten überzeugte ich mich selbst davon. Nochmals besten Dank, liebes verehrtes Fräulein und mit meinen Grüßen die herzlichsten von meinen Töchtern!
Getreu ergeben Ihre
Clara Schumann.
|3| P. S. Madame Viardot ist seit fünf Wochen hier, da sie mich aber
noch nicht besucht und sie nirgends zu sehen ist, so kann ich Ihnen auch nichts Näheres über sie sagen. Tourjeneff hat seine Villa verkauft, was auch Frau Viardot beabsichtigt; ich denke also, sie wird nicht mehr hierher kommen. Meine Julie hatte vor 4 Wochen den 2ten Jungen und ist sehr wohl. –
[Umschlag:]
Fräulein
Marianne Brandt
k k Hofopernsängerin
in
Berlin
Große Friedrichstraße No 11
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