Euer Wohlgeboren!
Ihre geehrte Zuschrift vom 29ten July kam wenige Tage nach Absendung der beyden Recensionen, |: glorr. Augenblick, u. Belsazar :| in meine Hände; – nur etwas früher, u. ich hätte selbe zurückbehalten, da<> sie höchstwahrscheinlich eben so wenig als deren Vorgänger Gnade in Ihren Augen finden werden. – Was ich über Marxsen’s Compositionen, u. die Ouverture von Scholz sagte, dünkt Ihnen zu lang; ich soll kürzen; – das ist in so ferne unmöglich, als ich von allen Aufsätzen nicht eine einzige Concept-Zeile besitze; allein, selbst in diesem Falle würde ich mich nimmer dazu herbeylassen; auch ich pflege jedes Wort, ehevor ich es niederschreibe, wohl abzuwägen; steht es aber einmal schwarz <>auf weiß, dann nehme ich keine Sylbe zurück; darum muß es bey dem Ultimatum verbleiben: entweder alles, ganz, unverkürzt, unverstümmelt abgedruckt, oder gar nichts. Da Sie zweifelsohne für letzteres entscheiden, so bitte ich wiederholt um mög-|2|lichst schnelle Zurücksendung meiner sämmtlichen Manuscripte, auch <> die früheren |: Nero, u. Aehnlichkeiten :| mitinbegriffen, durch Haslingers Commissionair, – mit dem heiligsten Versprechen, Sie nimmermehr mit Artikeln zu belästigen, zu deren Aufnahme es Ihnen an Raum gebricht, weil – – genug davon; die Sache ist abgemacht. – Daß unsere Kunst-Ansichten öfters von einander abweichen, verschlägt nur wenig; Sie behalten die Ihrigen, die ich schlechterdings nicht bestreitten will, u. ich die meinigen, bey denen ich ergraut bin, und ebenfalls kein Jota abjüdeln lasse. –
Sie sind viel zu gütig, meiner Namens-Unterfertigung einigen Werth beyzulegen; indessen muß ich, neuen Verdrüßlichkeiten auszuweichen, für immer dagegen protestiren; im Vertrauen: ist gerade eben Ihre Zeitschrift hier nicht am besten angeschrieben; man will öfters darin einen dictatorisch anmaßenden Ton bemerken, der an das sogenannte, hochverpönte „junge Deutschland“ gemahnt, und nur die musikalische Tendenz dient zum Freypaß.
|3| Auch ich würde mich herzlich gefreut haben, Sie einmal hier zu sehen; aufgeschoben ist nicht aufgehoben; vielleicht erlebe ich, trotz ewigen kränkeln, doch noch einen Sommer, u. dann wird sichs wohl einrichten lassen, daß Sie einige Erholungswochen sich gönnen können. Finden Sie es dann noch der Mühe werth, einen verabschiedeten Mitarbeiter zu besuchen, so komme ich Ihnen mit offnen Handschlag u. dem juridischen Wahlspruch entgegen: inimicus causae, amicus personae. Bis dahin
Ihr
theilnehmender Verehrer
Seyfried
Wien, 4ten Septb. 1837.
NSch. Heute sind in der Wiener Zeitung Ihre neu erschienenen Etudes symphoniques oeuv. 13 annoncirt.