Dresden d. 17ten Juni 1849.
Lieber Brendel,
Zur Versammlung werde ich kommen, wenn bis dahin meine Frau, die nächsten Monat ihrer Niederkunft entgegensieht, wieder ganz wohlauf sein wird. Die Orientalia folgen hier; man muß, glaub’ ich, sich erst hineinschmecken. Urtheilen Sie, wenn ich bitten darf, nicht auf Einmal Hören! – Der politischen Aufregung, die auch mich erfaßt, hab’ ich endlich durch ein Paar Märsche Luft gemacht. Das sind aber keine Soldaten-, sondern eher Barrikadenmärsche. Die tragen das Feuerzeichen 1849 an der Stirn – glaub ich – drum soll auch die Jahreszahl mit auf den Titel.
Sie ermuntern mich immer so freundlich, lieber Brendel – haben Sie Dank dafür! Ach ja – von den Schmerzen u. Freuden, die die Zeit bewegen, der Musik zu erzählen, dies fühl ich, ist mir vor vielen Andern zuertheilt worden. Und daß Sie es den Leuten manchmal vorhalten, wie stark eben meine Musik in der Gegenwart wurzelt und etwas ganz anderes will als nur Wohlklang und angenehmste Unterhaltung, dies freut mich und muntert mich auf zu höherem Streben. Auch wird, was mich zu sehen erfreut, die Theilnahme an diesem nun immer mehr noch ausgebreitet; aus vielen Zeichen von nah und fern seh’ ich das. Die ganze Zeit über hab’ ich viel, sehr viel gearbeitet; noch nie drängte es mich so, ward mir’s so leicht. Aber die letzten Märsche haben mir doch die größte Freude gemacht – Nun, möchte es auch Anderen so scheinen und Sie und die anderen Theilnehmenden in L. meinem Streben ein freundliches Auge offenhalten.
Ihr R. Sch.
Nebst e. Notenrolle
sign. H. F. B.
"Der politischen Aufregung, die auch mich erfaßt, hab' ich neulich durch ein Paar Märsche Luft gemacht. Das sind aber keine Soldaten-, sondern eher Barrikadenmärsche. Sie tragen das Feuerzeichen 1849 an der Stirn - glaub' ich - drum soll auch die Jahreszahl mit auf den Titel ...
Ach ja - von den Schmerzen u. Freuden, die die Zeit bewegen, in Musik zu erzählen, dies fühl ich ist mir vor vielen andern zuertheilt worden. Und daß Sie es den Leuten manchmal vorhalten, wie stark eben meine Musik in der Gegenwart wurzelt und etwas ganz andres will als nur Wohlklang und angenehmste Unterhaltung, dies freut mich und muntert mich auf zu höherem Streben ..."
"R. Sch."
[Kat. Stargardt, Nr. 495: 25.04.1951, S. 34, Los 172 (gekürzt)]
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