Dresden, d. 22ten Octbr. 1842.
Geehrter Herr!
Wenn ich, angeregt durch die innige Freundschaft für meinen lieben Ri¬chard Wagner, und den wirklich beispiellos glänzenden Erfolg, den die erste Aufführung seines Cola Rienzi hier fand, mich ┌habe┐ verleiten las¬sen, einen Bericht darüber der Öffentlichkeit zu übergeben, so geschieht dies im festen Vertrauen auf Ihre gütige Diskretion, und daß Sie die Moti¬ve dieser Handlungsweise nicht ungünstig beurtheilen werden. Schon mei¬ner Stellung wegen zur hiesigen Direktion ziemt es sich allerdings nicht für mich; allein ich kann Ihnen auf meine Ehre versichern, das jedes Wort meines Berichtes schon hundertfältig durch das Lob überboten worden ist, das alle Musiker meiner Bekanntschaft, und überhaupt Alle die die Oper nun gehört, derselben spenden. Ich bin nun über 25 Jahre beim hiesigen Theater; aber eines so allgemeinen Enthusiasmus kann ich mich seit Webers Euryanthe nicht entsinnen. Da jedoch Meyerbeer in seiner Stellung zum Berliner Theater von zu großer Wichtigkeit für W’s Zukunft ist, habe ich dafür in meinem Bericht die Hugenotten gesetzt, um W. nicht diesen Mann auf den Hals zu hetzen, – obgleich diese Oper in der That lange nicht so viel Sensation erregte. Da ich überhaupt bei diesem Bericht nur die Liebe zur göttlichen Tonkunst und meine Freundschaft für W. im Auge habe, so bitte ich Sie, das, was diesen Zweck vielleicht verfehlen könnte, in Gottesnamen aus meinem Aufsatz zu streichen. Deßhalb habe ich auch gleich einige Stellen besonders gestellt, damit sie dieselben nach eigenem Ermessen weglassen oder beibehalten |2| <zu> können; noch¬mals versichere ich Ihnen aber, daß in Beziehung auf den Werth dieser außerordentlichen Erscheinung noch lange nicht genug von mir gesagt ist. Dazu gehört noch ein gründlicherer Beurtheiler, als ich es bin. Nun, vielleicht veranlaßt Sie das Werk selbst zu dem Entschluß, zu uns herüber zu kommen um es kennen zu lernen; und ich wünsche von Herzen daß dies geschehe, so lange W. noch selbst hier ist, weil es mir dann vielleicht das unschätzbare Vergnügen Ihrer persönlichen Bekanntschaft gewähren würde. W. habe ich meinen Aufsatz nicht lesen lassen, so wie ich über¬haupt um aller Welt willen nicht möchte, daß man mich als Verfasser des¬selben erriethe. Es würde der redlichen Absicht vielleicht nur schaden; deßhalb hatte ich sogar meiner geringen Verdienste um die Ausstattung darin gedacht, so weit ich es mit aller Bescheidenheit zu thun zu dürfen 600 Ferdinand Heine
glaubte. Es kam mir aber doch gar zu toll vor, mich selbst zu loben, und ich habe es daher gestrichen; es könnte mich am Ende in üble Meinung bei Ihnen bringen <bringen>, was mir aufrichtig leid thun sollte. Ich bitte da¬her nochmals um sorgfältige Verschweigung meines Namens, und hoffe daß die eigene Anschauung des fraglichen Werkes mich über alles Obige in ┌Ihren┐ Augen vollkommen rechtfertigen werde.
Genehmigen Sie die Versicherung meiner innigen Hochachtung, mit welcher ich zeichne, als
Ihr
ergebenster
F’. Heine.
Darf ich bitten, mich Ihrer verehrten Gattin zu freundlicher Erinnerung zu empfehlen?
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