An L. Rellstab in Berlin.
Zwickau am 7ten Decembr.
Hochverehrter Herr!
So viel ich mich entsinne, war Leipzig im Anfang sehr verwundert über Ihre Rezension der Papillons, weil sie Niemand verstand, während ich still und heimlich in der Ecke saß und recht genau wußte, was Sie meinten u. verhüllten. Was hätte ich Ihnen nicht Alles auf Ihre Fantasie zu antworten u. zu danken! Nur die „schöne Leiche“ betrübte mich. Ist denn das Lied eine? Und warum könnte es nicht eine Oper ohne Text geben? Und was wurde denn je geschaffen, wovon, (dem Subj. nun bewußt oder unbewußt) der Grund nicht ein objectiver war? Ach – Entschuldigen Sie – dies soll gewiß keine Antikritik u. überdieß stimmte mich der Schluß so froh u. dankbar, dß selbst der hingeworfene Handschuh nach dem ersten Satz der Schlußperiode wenig Wirkung auf mich machte. Ich heb ihn aber auf mit den beyfolgenden Paganinianis. Nehmen Sie die Arbeit in Gunst auf u. meine Bitte um gütige Vormundschaft. Spreche ich auch nur für ein Stiefkind, so zog ich es gewiß mit Fleiß u. Lust, auch nicht ohne eigenes Intereße, da es mein theoretisches Examen vor der Kritik seyn soll. Im Ernst – die Arbeit war herrlich, aber floß [?] nicht leicht, da die Harmonien oft dunkel u. mehrdeutig (selbst incorrect) auch manche der Capricen an Rundung u. Einheit der Form nicht ganz meisterhaft zu nennen sind. Bey’m ersten Durchspielen eines solchen einstimmigen Satzes ist’s einem oft wie in einem luftleeren Raum; später, wenn man die feinen durchgehenden Seelenfäden aufgegriffen hat, wird es aber schön u. licht u. der fremde Genius klar. Doch mag ich lieber sechs eigne machen, als noch einmal drey bearbeiten. Wie sehr würden Sie mich verbinden, wenn Sie die Arbeit einer rezensirenden Anzeige in Ihrer Iris nicht versagen wollten. Ich will keine Wimper zucken, wenn es donnern solle [sic]. Binnen kurzer Zeit hoffe ich nach Berlin zu kommen. Erlauben Sie mir wohl, mich Ihnen vorstellen zu dürfen. Ich komme aber mit einer Symphonie unter dem Arme.
Meine Brüder, Buchhändler hier, wünschen sehr mit Ihnen in literar. Verbindung zu kommen u. empfehlen mich [?] Ihrer Gewogenheit für die Zukunft.
In Achtung u. Hochschätzung
Beyläufig: Ihr Regenbogen scheint mir auf Vult’s u. Walt’s Schultern zu ruhen.
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