23.01.2024

Briefe



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ID: 4060
Geschrieben am: Mittwoch 19.05.1841
 

Geehrtester Herr Doctor!
Das Gefühl der Pflicht u. Dankbarkeit fordert mich auf, Ihnen auch dieses Jahr einige Mittheilungen über mein musikalisches Studium zu machen, u. ich hoffe, Sie werden mir diese Freiheit, wenn ich Sie damit belästigen sollte, verzeihen. – Die Einrichtungen des Institut’s sind noch dieselben, wie ich sie Ihnen vorm Jahr schilderte. – Meine Stellung würde ganz abgeschlossen seyn von allem öffentlichen Musikleben, wenn ich nicht hie u. da Gelegenheit benutzte mir einen größern <> musikalischen Genuß, als gewöhnlich zu verschaffen; u. z. B. solchen Musikfesten beizuwohnen, wie vorm Jahr eins in Basel statt fand, u. dieses Jahr Anfangs July eins ┌in┐ Luzern statt finden soll, wo die beiden neuesten Orator. von Spohr u. Neukomm unter andern mit zur Aufführung kommen sollen. – Dieses Jahr habe ich mit dem Einstudiren der Schöpfung u. der Jahreszeiten (theilweise) u. mehrerer Motetten beschäftiget. – Zu meiner körperlichen Erholung benutze ich die Augustferien. Voriges Jahr unternahm ich eine Alpenreise, u. dieses Jahr möchte ich die körperliche Erholung zugleich mit einer geistigen verbinden, u. zwar eine Reise nach Paris unternehmen, um sowohl das Conservatoir insbesondere, als auch die Musik überhaupt dort kennen zu lernen. Dieß Unternehmen wird für mich freilich mit großen Schwierigkeiten verbunden seyn dort in einer so großen Stadt, wie Paris, als Fremder u. zwar allein, Zutritt in solche musikalische Kreise zu erlangen, würde aber um so leichter für mich werden, wenn ich es wagen dürfte, Sie, geehrtester H. Doctor, zu bitten, mir vielleicht durch eine Empfehlung an irgend Jemand dazu behilflich zu seyn. |2| Dürfte ich hoffen, daß Sie meiner Bitte geneigtes Gehör schenken würden, so wäre die Freude für mich außerordentlich groß, u. ich würde so frey seyn u. Sie bitten, mir eine solche Begünstigung einschließlich auf der Post zukommen zu lassen. Immer wird mein Bestreben seyn mich des Wohlwollens, welches mir von Ihnen schon zu Theil geworden so würdig als möglich zu machen, u. sollte mir es ferner von Ihnen nicht versagt seyn, so kann es mich nur immer mehr ermuthigen auf meiner musicalischen Laufbahn mit solchem Eifer u. solcher Liebe fortzuschreiten, wie ich sie mit Hilfe Ihres wohlmeinenden Rathes begonnen. – In dem stillen musikalischen Kreise, worin ich mich jetzt bewege, will ich gern noch so lange verweilen, bis sich wieder eine günstigere Aussicht u. weiteres Feld zu wirken mir darbieten sollte. Dürfte ich Ihres Beistandes u. geneigten Wohlwollens dazu fernerhin auch mich zu erfreuen das Glück haben. – Entschuldigen Sie meine Freiheit. – Das Vertrauen zu Ihnen hat mir den Muth eingeflößt Ihnen diese Mittheilungen zu machen u. diese Bitte zu wagen. – Möchten Sie beides geneigt aufnehmen. – Mit Hochachtung verharre ich
Ihr
ergebenster
Eugen Petzold
//Lehrer d. Musik z d. Schlosse
Lenzburg Cant. Aargau i. d. Sch.//
Schloß Lenzburg d. 19. Mai 1841.
//Wäre es mir erlaubt, Ihnen einige Nachrichten von Paris zukommen zu lassen, so würde es mir zu einer großen Ehre gereichen.//


  Absender: Petzold, Karl Eugen (15375)
  Absendeort: Lenzburg
  Empfänger: Schumann, Robert (1455)
  Empfangsort: Leipzig
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
758ff.

  Standort/Quelle:*) PL-Kj, Korespondencja Schumanna, Bd. 12 Nr. 1924
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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