Dresden den 15. Februar 1852.
Hochverehrter Herr!
Als wir die Riesenmesse v. S. Bach mit Orchester aufzuführen den Beschluß faßten ersuchte die Vorsteherschaft die Academie in Berlin, ihr zu diesem Behuf die Partitur u. Orchesterstimmen dazu zu leihen; wir waren so glücklich beides aus der Berliner Singacademie zu erhalten indem eine andere, uns Hoffnung gebende Quelle uns nicht zu Gebote stand. Wir erhielten von dort zur Aufführung den Bedarf, ich hatte aber dabei manche Arbeit, denn die Berliner Stimmen waren nach ihrer gehabten Aufführung zugeschnitten, d. h. vieles eingenäht, was ich, da wir nichts weglassen wollten u. nach Originalbesetzung auch es ausführten, die Stimmen zugänglich machen mußten, später aber wieder alles wieder in alten Stand bringen u. so wieder nach Berlin zurücksenden mußten. Hier in Dresden hat nun auch der Hr. Chordirector Fischer auch die Partitur, u. aus dieser habe ich die Aufführung mit Orchester geleitet. Ich ging da¬rum gestern zu Hr. Fischer u frug ihn, ob er Ihnen wohl die Partitur leihen würde u. ich fand ihn nicht abgeneigt dazu. Hätten Sie nun in der Nähe keine Aus-|2|sicht dazu, so würden Sie an ihn sich brieflich zu wenden haben, u. würden wenn Sie nicht nach Berlin schreiben möchten, die Sätze welche Sie aufführen wollen, aus der Partitur von Fischer ausschreiben lassen müssen. Die Bleistiftkorrecturen sind von mir, durch Vergleichung an der Berliner Partitur, gestochenen Stimmen, Clavierauszug, u. den einzelnen geschriebenen Stimmen aus der Privatbibliothek unsers Königs (leider nur bis zum Gloria) hervorgerufen. Es bleiben noch Zweifel übrig u. man muß es lebhaft bedauern daß eine Original-Partitur nicht zugäng¬lich ist; hat denn Nägeli dieselbe wirklich? – Es thut mir leid daß wir die Stimmen nicht besitzen, u. ob Leipzig die Sätze, welche Sie aufführen wol¬len (denn theilweise sollen sie dort seyn) Ihnen mittheilen kann, haben Sie wahrscheinlich, da Sie in so vielfachen Verbindungen mit der Kunst dort stehen, schon selbst nachgefragt.
Es war für mich eine freudige Ueberraschung von Ihnen einen Brief zu erhalten, u. haben Sie die Güte mich Ihrer verehrten Frau bestens zu empfehlen, u genehmigen Sie die Versicherung vollkommenster Hoch¬achtung, mit der ich bin
Ew Wohlgeboren
Ganz ergebenster
Johann Schneider.
|4| Sr. Wohlgebohren
dem Herrn Musikdirector Dr. R. Schumann.
in
Düsseldorf.
frei.
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