Düsseldorf, den 27sten Dec. 1852.
Geehrter Herr und Freund,
Mit Vergnügen erkannte ich Ihre Handschrift auf dem Couvert. So lange hörte ich nichts von Ihnen! Haben Sie Dank für Ihre Mittheilung! Gewiß würde es mir eine große Freude sein, im Verein mit Ihrem verehrten Freund etwas zu Tage zu fördern; doch sträubt sich etwas in mir gegen directe Aufforderung, da der Dichter vielleicht denken könnte, mein Brief an ihn, der reinem Herzensdrang entsprang wäre etwa der Vorläufer eines solchen Anliegens gewesen. Vielleicht wißen Sie den Weg der Vermittelung zu finden! –
„Sängers Fluch“ ist längst fertig. Die Aufführung verschob ich, weil mir eine Harfe hier fehlt, die ich doch bei der ersten Aufführung nur ungern vermißen würde. Wäre vielleicht im nächsten Winter eine Aussicht vorhanden, daß Ihre Frau Gemahlin die Partie übernehmen würde? Jedenfalls möchte ich mir erlauben, ihr die Stimme einmal zuzuschicken, über eine und die andere schwierige Stelle ihr Urtheil hören.
„Hermann u. Dorothea“ ruht; leider auch „Luther“. Ich lag fast die Hälfte dieses Jahres sehr krank danieder an einer tiefen Nervenverstimmung – Folge vielleicht zu angestrengter Arbeit. Erst seit 5–6 Wochen geht es mir wieder beßer. Doch muß ich noch anstehen, mich größeren Arbeiten hinzugeben, in allen Dingen überhaupt das größeste Maaß halten. Mit höherem Beistand hoffe ich, bald meine alte Kraft und Gesundheit wieder zu erlangen.
Auch von Ihnen möchte ich erfahren, wie es Ihnen geht, ob das Leben in Dresden Ihren Wünschen entspricht? – „Luther“ möcht’ ich noch nicht aufgeben; möchten auch Sie es nicht! –
In der Hoffnung, bald wieder von Ihnen zu hören, mit besten Wünschen u. Grüßen
Ihr
ergebener
R. Schumann.
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