23.01.2024

Briefe



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ID: 26759
Geschrieben am: Dienstag 01.05.1866
 

Baden d. 9 Mai 1866
Meine liebe Elise,
endlich komme ich dazu Dir einen directen Gruß zu senden, und Euch Allen nochmals für alles Liebe zu danken, daß [sic] Ihr Julchen und uns angethan. Ich höre zu meiner herrlichsten Freude von Julie, daß es Dir auffallend besser gehe? hat nicht die eigne moralische Krafft Dich dahin gebracht? fast glaube ich es, und freue mich sehr darüber – einmal wieder so weit Meister geworden, wird es bald leichter und schließlich Gewohnheit.
Julie schreibt mir sehr vergnügt, und ganz besonders animirt über ihre Koch-Künste! |2| Es wird ihr sehr schwer werden von Euch zu gehen, und muß sie sich jetzt noch einige Tage früher losreißen, da ich finde, es wäre nicht schwesterlich von ihr, schlüge sie Elisens dringende Bitte, sie einige Tage früher zu besuchen als ich, ab. Ich aber gehe schon Sonnabend ┌oder Sonntag┐ nach Frankfurth, und bitte nun Julie jedenfalls nicht später als diesen Tag (früher kann es der Kürze der Zeit halber wohl kaum sein) abzureisen; nach meinem letzten Briefe an sie, wird sie sich wohl schon auf die frühere Abreise gerichtet haben. Sage ihr, daß sie mir noch ein Wort schreibt, ob sie bestimmt Sonnabend reist? dann soll sie auch Elisen schreiben mit welchem Zuge |3| sie kömmt, die Briefe aber auf die Post besorgen, denn im Briefkasten dauert es länger – ich erhielt Juliens Brief vom 5ten erst gestern am 8ten Abends.
Hier ist es wieder wundervoll und Marie hatte Alles sehr wohl geordnet, trotzdem hatte ich selbst aber immer noch 3 Tage von Morgens bis Abends zu schaffen. Marie thut mir so schrecklich leid, daß ich sie jetzt fast 14 Tage ganz allein hier lassen muß; sie kennt Niemand hier, mit dem sie öfter verkehren könnte, und Tag für Tag mit sich allein zu sein, ist doch entsetzlich! – Ich habe schon hin und her überlegt, wenn ich ihr nur Jemand einladen könnte! fort kann sie wegen der zwei neuen Leute nicht. Das wird mir die ganze Reise trüben!
|4| Ich komme nun auch wieder mit meiner Bitte wegen Hedy: wie steht’s, darf sie Ende dieses Monats zu uns? wir sind vom 25ten an wieder hier, und erwarten sie mit der herzlichsten Freude. Sorgen wollen wir für sie nach besten Kräfften, deß kannst Du gewiß sein. Vielleicht entschlösset Ihr Euch auch auf einige Wochen hierher? bei Pastors sind noch zwei Zimmer im ersten Stock frei, überhaupt ließe sich schon ’was finden, wenn ich es nur früher weiß, oder Marie.
Nun leb wohl, meine liebe, theuere Elise, grüße die liebe Mila, Hedi, Fritz, Lina, und seyd in dankbarster Liebe Alle umarmt.
Deine alte Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: Pacher, Elise von, geb. List (1162)
  Empfangsort: München
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
457ff.

  Standort/Quelle:*) Slg. Cornides 112a/b
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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