23.01.2024

Briefe



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ID: 26698
Geschrieben am: Dienstag 17.01.1843
 

Leipzig d. 17//1 1843
Täglich, mein liebes Lieschen, hoffte ich noch auf eine bestimmte Nachricht von Dir über Deine Aussichten, Pläne ect. in Berlin, nun wird mir aber das Warten zu lang; auch mein Mann suchte vergeblich in den Blättern, von Dir ein Conzert, oder Auftreten im Theater angezeigt zu finden. Was machst Du? warum so still? laß mich doch ja gleich von Dir wissen, Du kannst Dir doch meine Ungeduld denken! Und Liszt, wie benimmt er sich? ich dachte Du würdest vielleicht erst in seinem Concert singen, oder, hast Du Dich mit ihm entzweit? wie war es bei Kisting’s? hast Du ein Pianoforte von ihm? Liszt scheint diesmal nicht das Furore von früher zu machen, soll sich auch von Rubini getrennt haben, ist das wahr?
Mich wirst Du in Berlin nicht sehen, wir haben nicht mehr daran gedacht hinzureisen, es war ja auch nur von Anfang an so ein flüchtiger Gedanke.
|2| Unsere Matinée war sehr glänzend, und ging Alles sehr gut. Robert’s Compositionen machten viel Aufsehen – Du kannst Dir wohl denken, daß mich das mehr freut, als aller Beifall der mir gespendet wird. Ich bin jetzt ziemlich fleißig, spiele nächstens wieder im <G> Abonnement-Concert, < …> und werde überhaupt noch öfter diesen Winter daran müssen.
Mendelssohn ist noch sehr niedergeschlagen, aber herzlicher als je; er besucht uns sehr oft, auch Robert ihn, und da macht er denn seinem Herzen Luft. Ich verehrte ihn immer hoch als Künstler, doch nie ward ich mehr von seinem noblen und schönen Character überzeugt als jetzt.
NB. Von wegen der Gevatterschaft, zu der ich die Einladung am Neujahrstag erhielt! die ist glücklich vorüber gegangen – mein Herr Gevatter war Mendelssohn, der mich sehr reich beschenkte. Madam Mendelssohn hat mir nun endlich ihren Besuch gemacht, |3| war übrigens außerordentlich liebenswürdig. Ich habe sie nur angesehen und mich an ihrem <sch> schönen Gesicht gelabt.
Die Schloß ist noch auf 4 Concerte engagirt, und giebt Anfang Februar ihr Benefiz.
Die Milanollo’s bleiben recht lange, [ich] kann’s doch kaum erwarten bis sie kommen.
Hast Du die Noten von Schleinitz erhalten? ich konnte ihn lange nicht habhaft werden, sonst hätte ich ihn selbst befragt.
Schreibst Du an Mila, so grüße sie herzlichst von mir, ich konnte bis jetzt noch nicht dazu kommen ihr zu schreiben, thue es nun aber nächstens.
Dich, mein liebes Lieschen, küsse ich in aufrichtigster Liebe und wünsche Dir mit meinem Robert, das Beste. Schreibe doch ja bald, schmiere nach Belieben, ich will’s schon lesen, von Dir und Mila Alles mit Freuden.
Deine Clara.
Der Tante meinen freundlichen Gruß.
|4| Fräulein
Fräulein Elise List
Tonkünstlerin◊5
jetzt
in
Berlin.
Mohrenstrasse No. 66.
Fr.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: List, Emilie (962)
  Empfangsort: Berlin
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
182-185

  Standort/Quelle:*) Slg. Cornides 17a/b;
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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