23.01.2024

Briefe



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ID: 26293
Geschrieben am: Mittwoch 17.12.1890
 

17.12.1890, Plymouth
Das Orchester war gestern nicht vollzählig dafür waren die anwesenden Leute so schlecht wie ich selten was gehört habe, man sang mit Todesverachtung und um 10 Uhr gaben wir es auf und besprachen eine Probe für heute. Die Stadt scheint wunderbar schön, noch weiß ich nicht, ob ich die Zeit finde etwas auszugehen, denn ich bin unwohl und mag nicht gern kalte Füße bekommen.
Mein liebes Genchen wie traurig sind Deine Briefe und wie schändlich ist es für mich Dir nicht beizustehen Dich ohne Hilfe zu laßen. Ich weiß aber daß ich das Übel hochstens verschlimmern würde. Ich hoffe aber immer noch daß Dir die Freudigkeit zum Leben wiederkommt die Dir ja doch sonst so eigen war. Du siehst ja an mir daß man nicht zu alt ist um ein neues Leben anzufangen. Warum sind nur die Deinen so entsetzlich blind und sehen nicht wie sie sich und Dir das Leben elend machen, es braucht ja nur diese Erkenntniß und alles wäre gut. Mir ist der Gedanke unerträglich daß ich immer noch mich selbst als Unheilstifter in alledem suchen muß. Zwei volle Jahre habe ich mich ganz fern gehalten und damit allezeit mein Benehmen geregelt, wie kann ich also zwischen Dir und den Deinen stehen. Sind es die Briefe? Du hast mir nie gesagt, daß Du Verdruß hattest, weil ich Dir so viel schreibe oder überhaupt wegen meiner Briefe. Ich habe in letzter Zeit oft gedacht ich wollte einmal an Mama schreiben, was denkst Du davon? Ich würde Dir die Komposition erst zur Begutachtung zusenden und dann vielleicht zu der Zeit wo Du in Basel bist den Brief senden.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Plymouth
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s. 980/13-9
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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