23.01.2024

Briefe



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ID: 26222
Geschrieben am: Samstag 18.01.1890
 

18.1.1890, London
Gestern war ich also in der Pantomime in Druri Iaine oder wie das Theater heißt. vier volle Stunden dauert der Unsinn und waren wir nachher so müde als hätten wir weiß Gott was gearbeitet. Es ist eigentlich nichts anderes als der größt mögliche Aufwand an Pracht und Personal und sieht man auch die schamlosesten Costume, alle Darsteller sind sogenannte schöne junge Mädchen, nur die
eigentlichen Frauenrollen sind von Männern in der gemeinsten Art chargirt. Es ist alles so überladen daß ich den Spaß für Kinder nur selten herausfand. Na einmal muß man so etwas gesehen haben aber dies genügt auch. (...) Dabei fällt mir ein wenn irgend Jemand so tactlos sein sollte euch einen Artikel zuzusenden der die Aufschrift hat: »Madame Schumann und Natalie Janotha« so laßt denselben Mama nicht lesen und besser lest ihn selber nicht es ist der größte Beweis von Natalies Verücktheit den sie bis jetzt geliefert hat und ist für Mama so beleidigend, wie nur möglich. Ich kriegte beim lesen gestern wahre Wuthanfälle. Das ganze ist nur wieder eine Ausserung des Hungertyphus und ist mühsam und schlecht zusammengekratzt nur um sich bemerkbar zu machen (…)
Über Bradford habe ich nicht besonders berichtet, weil ich es einfach vergaß. Es war ein gutes Concert in jeder Beziehung für mich, aber diese Art Concerte sind recht monoton, das Orchester leiert sein Programm herunter Hallé schlägt den Tact dazu und alles eilt zum Ende zu kommen weil morgen dasselbe Programm in einer anderen Stadt wiederholt wird, und so geht es die ganze Woche hindurch. Linschen hat die Indigestion von ihrem Pop und hat bereits dasselbe Fieber noch mehr wie alle Andere. Gestern Abend von 9-11 und diesen Morgen von 10-12 hat sie an einem Brief gearbeitet der Chappell bestimmen soll sie bald das Trio von Schubert spielen zu lassen. Mrs. O<lliverson> dictirt ihr dabei immer stolze Sätze und ich bescheidene und das giebt da sehr viele unbrauchbare Briefe. Sie ist die unselbstständigste Person die mir je vorgekommen, die Kritik über die Geisler ist durchwegs gut und hat sie diesmal keinen Stich erhalten und das will was heißen bei diesen zahllosen Blättern.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: London
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s. 980/6-9
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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