12.10.1889, Leeds
Alles hat gut gegangen und ich hatte einen durchschlagenden Erfolg diesen Morgen. Ich hatte gar nicht geschlafen und war am Morgen ganz elend, als ich aber in das Gebäude kam da war alles gut. Sir Arthur zeigte ich nur mein Tempo und probte gar nicht. Es war die erste große Aufführung des »Requiems« in England. Jenny Lind hatte einmal eine Privat Aufführung im Bachverein in London gehabt und Du kannst Dir denken wie ich mich freute da singen zu können. Unzählige fremde Leute sprachen mich an nach der Aufführung. Die Dame bei der Miss Loch ist, lud mich ein zu ihr zu kommen über Sonntag, aber das kann ich nicht ich muß morgen zurück. Heute hatte ich wieder Brief von einer Schülerin in spe. Lloyd und Albani habe ich nun wieder viel gehört. Er ist der größere Künstler, und sie hat mehr Natur-Anlage aber leider ist die Stimme müde sie tremolirt in der hohen Mittellage, so daß man die Schwingungen des Tones (aaa) so empfindet, aber eine schöne warme Art und ein gutes musikalisches Wesen hat sie. Sie sang die »Freischütz« Arie ganz reizend gestern und
heute den »Lobgesang« manches ganz herrlich nur wieder gleich im ersten Stück sich übernehmend. Du glaubst nicht was ich lerne bei dieser Gelegenheit. Ich habe nun etwa 12 verschiedene englische Sänger gehört und jeder hat eine andere Aussprache, das ist ermuthigend nicht war. Stanford sagt mir das Albani als Amerikanerin nicht mustergiltig ist für mich. Lloyd verspricht sich sehr oft, oder irrt sich wenigstens mit harten und weichen Consonanten und in der Färbung der Vocale machen sie so bedeutende Unterschiede daß ich augenblicklich keinem traue. Im Duett kann der eine so der andere so singen. Ich muß viel hören ehe ich mich da zurecht finde. Sie sind aber sehr nett mit mir und jeder giebt bereitwillige Auskunft. Vert behandelt mich mit großer Hochachtung. Du sollst sehen der macht einen Star aus mir. Bei alledem ist es schrecklich langweilig und werde ich froh sein wenn ich im Eisenbahncoupé sitze (…)
Das »Requiem« hat einen großen Eindruck gemacht und ich bin sicher es wird diesen Winter viel aufgeführt werden!
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