23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 26063
Geschrieben am: Mittwoch 02.10.1878
 

2.10.1878, Wien
Du denkst wol ich sei recht schlecht geworden, oder ich fürchtete mich vor Dir und will erst Deine Antwort auf meinen letzten Brief abwarten um aus der unsicheren Stimmung heraus zu kommen, letzeres ist theilweise wa<h>r, aber ich überwinde die Furcht doch in dem unbezwinglichen Drange wieder ein Gekritzel unter Deinen Augen zu bringen und damit ein bischen die Trennung zu
mildern. Da aber die obenbenante Furcht nicht der einzige Grund meines zweitägigen Schweigens ist und ich auch gar nicht schlechter bin als gewohnlich so muß ich Dir berichten was meine ganze Zeit verschlingt! Die Herrichtung Deiner Arbeiten mein Schatz, ich habe in allen Geschäften hier nicht finden können was ich suchte, noch verstanden die Leute was ich wollte, also habe ich die beiden Arbeiten selbst zusammengestellt und bin seit gestern unausgesetzt mit dem Nachtsacke beschäftigt, er wird äußerst originell und ich sende ihn vielleicht morgen schon an Dich ab. Die Cravatte geht dann in einem Briefe nach. Das Monogramm M.S. hatte ich bestellt und mußte es für 40 fl nehmen, wir finden gewiß nächstens eine Gelegenheit dafür, das M. daraus hoffe ich benützen zu können. Im übrigen wird fleißig gearbeitet meine Kleider werden wie neu, das lichtgraue ist zu Hause gewaschen und ganz frisch wieder, das allererste Alleymkleid giebt ein sehr gutes Reisekleid und der schwarze Rock wird mit neuem Vollant täuschend neu aussehen. Die Hemden von der Gomperz ihrer Näherin sind sehr gut gemacht und die Nachthemden habe ich selbst fertig gemacht u.s.w, mehr von der Sorte verlangst Du nicht mein Genchen sage mir nur, wann endlich die Zeit für mich kommt wo ich mit bestimmten Gedanken an Frankfurt denken kann, jetzt fühle ich mich so heimatlos, so ohne fixen
Punkt. Die Zeit wird es bringen, — Geduld! Wie leid thut es mir, daß Mama zu dem Fest allein nach Hamburg ist, hätte es etwas helfen können, wenn ich Marie in Frankfurt abgelöst hätte? Allenfalls Scheuerfrauen überwachen kann ich auch. Na zu spät! Lebwohl mein Genchen, schreibe mir einen guten Brief, ich bin sehr durstig danach. Wie geht es Felix.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s.: 979/3-9
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.