21.9.1878, Oed
Deine Nachrichten über Felix sind recht traurig, Mama's Auffaßung macht sie noch schwerer, Du hast aber ganz Recht gethan bisher und Dein gutes Herz wird Dir den rechten Weg weiter zeigen. Muth hast Du und Kräfte hoffe ich hast Du auch ausreichend Ich bin so zufrieden, in diesem Punkte mit Deinen Äusserungen. Starr und hart wirst Du nie werden mein Genchen, aber es ist ganz richtig daß die Beherrschung aller Äusserungen, die einem Kranken gegenüber vermieden werden müßen, eine gewiße Gleichmäßigkeit hervorbringt welche nur dem Kranken eine Wohlthat sein muß. Wenn Du sagst er grübelt und starrt stundenlang vor sich hin, so sind dies wahrscheinlich Momente der Erschöpfung in denen Geist und Körper ruhen, Gedankengewebe würden einen schwachen Kranken, fiebern machen, in solchen Momenten aber muß die Umgebung, ruhig und gleichmäßig sein, denn diese Ruhe ist wohlthätig. Ich bin nun auch der festen Überzeugung daß jeder Ort für Felix beßer ist wie das Heim. Mama schadet ihm und er Mama, und gar wenn Marie neuerdings elend ist. Wie leid, wie tief bedauerlich ist mir diese Sorgenlast für Mama. Ich habe es ja oft mit angesehen, wie sehr sie darunter leidet und wie sich anderseits ihr ganzes, gesundes Naturell dagegen empört. Du siehst so klar darin und wirst, da Du die ungewöhnlich groß angelegte Natur Deiner Mutter bewundernd kennen gelernt, sie ganz verstehen, wenn Marie wieder elend ist wird sie das nicht, mein Genchen ist aber jetzt gesund und stark und wird dem armen Felix und Mama eine Stütze sein.
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