12.2.1878, Köln
Ich verschweige Dir nichts, ich werde Dir aber viel erzählen, was ich unmöglich schreiben könnte also Kind denke nicht schlecht von mir. Ich thue mein möglichstes um es Mama so bequem wie thunlich zu machen. Hier fühlt sich Mamachen auch viel behaglicher wie in D<üsseldorf> aber Nachts fürchtet sie sich und doch läßt sie mich nicht im Zimmer schlafen obwohl ich jeden Tag wieder darum bitte. Die Anregung und Unterhaltung durch Brahms und Lewinsky ist sehr werthvoll gestern war ein netter Tag mit wenig Schatten. Mittags ehe noch Mama mit Brahms zurückkam war Lewinsky mit Frau gekommen. Ersterer heiser und mit dem Verbot nicht laut zu sprechen und wenig zu sprechen, dies gelang nur selten und unsere lebhafte Frau Deichmann war sehr vergnügt, alle die Berühmtheiten an ihrem Tische zu haben und der Champagner floß gleich nach der Suppe.
Brahms gab mir zu denken er ist oft unglaublich tactlos. Nun davon später. Um 6 Uhr gings in die Probe wo Hiller die Begleitung herunterschweinigelte und Mama sehr böse ward darüber, von da ging's in's Theater immer mit Brahms der den Abend über so nett war, Mama immer alle unverständliche Nebenrollen (die entsetzlich dumm gegeben wurden) erklärte. (…)
Ich gehe morgen Abend fort wenn auch Mama noch bleibt, weil ich Eile habe. In Leipzig singe ich in der »Reformationscantate« eine Arie und soll noch eine andere Arie wählen. Es ist mir natürlich sehr wichtig mit Fr. Joachim den Orpheus durchzunehmen und habe ich heute mit Mama darüber gesprochen daß vor Basel die Idee mit J<oachim>s mit St<ockhausen> nicht zur Sprache kommen darf, weil ich da sonst einen sehr schweren Stand haben würde. Mama ist eben mit Brahms ausgegangen und haben mir Beide viele Grüße an Euch aufgetragen. Brahms lächelt immer höhnischer und fragt: wie geht es Frl Eugenie, grüßen Sie bitte von mir.
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