23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 26047
Geschrieben am: Montag 11.02.1878
 

11.2.1878, Cöln
Warum ich nicht schreibe! Ja Kind weil ich folgendes erlebe! Gestern ging also die Matinée zu Hillers da spielte Mama, sang eine miserable Conservatoristin und ich, sie Lieder von Hiller und ich »Erstarrung« und »Post« dann sprach Lewinsky unzählige kleine und größere Sachen. O wie war es wieder so hübsch Mamas Freunde an Lewinsky und umgekehrt, Als Mama spielte seine Freude.
Mamachen ist ganz oben auf und Cöln ist ihr diesmal nicht schrecklich. Nur das Kapitel Quast ist fatal, er spielte gestern zweimal Mama Schumann <vor> und meinte er hätte die Sache aber nicht vorbereitet.
Hillers waren sehr nett mit mir und man lobte mich u.s.w. Abends war Gesellschaft bei Quast und da waren ein Paar Menschen aber vor allem Lewinsky mit Frau, der gute Lippel wie ihn seine Frau nennt setzte sich neben Mama und erzählte ihr Theateranekdoten daß ihr die Thränen vor lachen über die Wangen liefen. Dann kam um 9 Uhr Brahms direkte von Münster und sah sehr müde und verstimmt aus, man musicirte nicht nur Quast dudelte etwas Lewinsky aufgefordert gab endlich nach und sagte: ich will nur Fr Schumann ein paar Liebeslieder von Halm vorlesen, dürfen wir denn zuhören fragten alle etwas — Oh ja, wir dürfen zuhören sagte er und las Halm und Scheffel: die letzte Hose und der Pumpas von Peruzia aus dem Gaudeamus. Um 11 1/2 gings nach Hause immer in Equipage mit Diener u.s.w. Heute morgen kam nur Brähmschen ganz nett und gemüthlich angetrollt und ist jetzt mit Mama zu Obladen. Mama hat sich ihn und Lewinsky's zu Tisch geladen, das ganze Haus Deichmann gehört Mama, die Frau ist zu nett und ihre Gefälligkeit wird so geboten daß man sie stets annehmen kann. Ich freue mich all dies mitzumachen aber hauptsächlich freue ich mich darüber, daß Mama so angenehme Tage hier hat und sich in einer Kette gut unterhält. Heute Abend spielt L<ewinsky> im »Geizigen« und wir gehen natürlich hin mit Brahms zusammen. ( ...)
Mama schläft fast gar nicht die Nächte der Husten stört sie nun hat sie auch ein anderes Zimmer bezogen wo ich nicht mehr schlafen kann, mit sich im Zimmer läßt sie mich nicht sein, und nun fürchtet sie sich ganz schrecklich. Alle Tage bitte ich sie mich da schlafen zu lassen, aber nein sie thut es nicht, wenn der L<ewinsky) heute Abend wieder recht grauslich ist dann setze ich es vielleicht
doch durch.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Cöln
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s.: 979/14-13
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.