23.01.2024

Briefe



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ID: 26020
Geschrieben am: Sonntag 08.07.1877
 

8.7.1877, Habrowan
Die Gomperz ist ein zu angenehmer Gesellschafter, ich muß immer lachen mit ihr und trete ihr so viel als möglich in den Weg denn die vielen Gäste hier laßen einen ruhigen Verkehr nur selten aufkommen und mit der Frau könnte man sehr vergnügt allein leben. Da ich bei ihr sehr viel Glück gehabt und sie ganz reizend zu mir ist so kann ich nicht klagen
„und fern der Freude mich zu schämen
Genieß ich froh den schönen Augenblick.“
Das ist keine Treulosigkeit gegen Genchen, nicht wahr! das ist Freude am natürlich, schönen Menschen in den tiefsten Falten zu erkennen, mich die Liebe zu Dir erst befähigt hat. Verstehst Du wie ich das meine, Du mein Wörterbuch der Liebe. Ich singe viel Duette mit Fr G.<omperz> unsere Stimmen klingen sehr gut zusammen Fr. G. arrangirt im Herbste oder Winter in Brünn ein Concert mit mir.
(…) Mit Betty ist es eine schlimme Sache, ihre Stimmung ist furchtbar und mit so wenig Grund dazu, daß es wirklich entsetzlich ist, gestern Abend nachdem wir alle uns zurückgezogen kam sie wie immer noch auf mein Zimmer und sprach in wahnsinnigem Eigensinn und ohne jeglichen Grund als Schwermuth die entschiedensten Selbstmordgedanken aus, es that mir weh, daß ich nicht im Stande war sie durch Zärtlichkeit zu beruhigen, ich entsetzte mich an der blinden Wuth, etwa wie ein Stier gegen eine Mauer rennt und sich den Kopf zerschellt, und konnte den Gedanken an Wahnsinn nicht loswerden. Grund dazu hat sie wahrlich nicht denn das Vermögen ist nur theilweise verloren und alle finden ihre Maßregeln übertrieben.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Habrowan
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s.: 979/11-8
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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