23.01.2024

Briefe



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ID: 26013
Geschrieben am: Dienstag 15.05.1877
 

15.5.1877, Leipzig
Gestern langte ich hier an und ging Abends noch zu Mama, erst wollte sie gar nicht über Dein Ausbleiben sprechen denn sie ist sehr gekränkt darüber, daß Du gar nicht den Wunsch hegst wenn auch nur 14 Tage mit ihr noch zusammenzusein. Du ungeratenes Kind, was ist nur in Dich gefahren, Marie meinte Du könntest Dich nur verliebt haben sonst sei dies von Dir nicht zu erwarten, mir
fuhren derartige Vermuthungen gleich in alle Glieder. Mama sagte wenn sie es verantworten könnte würde sie Dich zurückrufen aber dies mag sie nicht denn wenn Du Dich dann irgend unwohl fühlen würdest, so würdest Du ihr dies zum Vorwurf machen. Ich nahm Dich in Schutz aber sie wollte nicht nachgeben. Nun sage mir, mein liebes Genchen wie kannst Du uns solche Nüße zu knacken geben. Ich bin in schrecklicher Unruhe um Dich fühlst Du Dich nicht wohl genug um hierher zurückzukommen? Hast Du uns die Zeit über zu gute Berichte gegeben? Ich warte so ungeduldig auf Deinen nächsten Brief. Bitte sage mir haarklein alle Beweggründe und komm zurück, bitte komm! Von meiner etwaigen Reise nach Meran war gar nicht die Rede gestern, Marie hat davon wol gar nicht zu Mama gesprochen. Je länger ich darüber nachdenke desto unklarer wird mir Dein Plan, Meran im Juni ist entsetzlich, die Hitze muß jetzt sehr bedeutend sein. Du würdest sehr bald darunter leiden. Ach Genchen komm zurück wir wollen Dich so pflegen und hegen wie Du nur wünschen kannst. Es muß doch irgend ein Grund da sein der Dich den Deinen und mir entfremdet hat, ach was ist es, und kann es nicht überwunden werden. Heute ist der 15. Mai und Du weißt wie ich die Tage zähle und wie ich sicher hoffte Dich im Mai wieder zu sehen, Du läßt mich elend verhungern und verkommen. O Der nächste Brief! wär er schon da.
Sei mir nicht böse meine Ungeduld spielt bereits alle Farben, wenn Du jetzt gleich kämest so wärest Du doch bis 15. Juni mit Mama und dann mit Marie und mir. Mama meinte auch ihr könntet dann in Baden sie erwarten um nicht in Berlin bleiben zu müßen.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s.: 979/10-14
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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