Briefe

Rückwärts

ID:
25993

Geschrieben am:
Samstag 03.03.1877

Noch habe ich Dir nicht von der »Genoveva« am 1. geschrieben, die Aufführung war sehr besucht, ausverkauftes Haus die Erwartungen des Publikums groß aber der Erfolg gering, die Ausstattung hatte den größten Erfolg am Schluß besann man sich einen Augenblick und applaudirte. Es wurde die schöne Musik von den Sängern arg mißhandelt, Stockhausen saß neben mir und befand sich immer übel wenn die Mallinger oder Brandt sang. Die Tempis die gesungen wurden waren großartig man erkannte nie die Absicht die sie hatten. Ernst war im Vergleich mit Leipzig auch zu sehr gesteigert er übertreibt im Spiel und Betz ist so wie so langweilig. Brandt übertreibt, so daß es wirklich unschön ist, in der Probe wo sie nur andeuteten konnte man das noch nicht erkennen. Heute ist die erste

Wiederholung. Hinter mir saßen zwei Schreigänse die sagten als das Duett im 2t Act kam; o das ist ja ein Duett von Schumann! Ist das nicht großartig!

Eben war Tante Bargiel bei mir um mich zur »Johannespassion« am 27t aufzufordern ich habe es angenommen wenn Bargiel ohne Probe es risciren will denn ich kann von St. Gallen eiligst zurückkehrend nur 27t früh ankommen, ich muß also auch meinen Wunsch in St. Gallen einige Tage zu bleiben und nach Stuttgart zu gehen lassen. Ist dies nicht Alles so unfreundlich von meinem

Geschick wie gerne hätte ich zu jeder Zeit die »Johannespassion« gesungen nur soll ich sie unter sehr ungünstigen Bedingungen und mit Aufopferung einer kleinen erhofften Zerstreuung natürlich ohne Honorar und mit vielleicht von der Reise ermüdeter Stimme singen.

Absender:
Fillunger, Marie (2260)

Absendeort:
Berlin

Empfänger:

Schumann, Eugenie (1440)

Empfangsort:

Standort/Quelle:^*)
A-Wn, s.: 979/9-3

*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla


ID:	25993
Geschrieben am:	Samstag 03.03.1877	Noch habe ich Dir nicht von der »Genoveva« am 1. geschrieben, die Aufführung war sehr besucht, ausverkauftes Haus die Erwartungen des Publikums groß aber der Erfolg gering, die Ausstattung hatte den größten Erfolg am Schluß besann man sich einen Augenblick und applaudirte. Es wurde die schöne Musik von den Sängern arg mißhandelt, Stockhausen saß neben mir und befand sich immer übel wenn die Mallinger oder Brandt sang. Die Tempis die gesungen wurden waren großartig man erkannte nie die Absicht die sie hatten. Ernst war im Vergleich mit Leipzig auch zu sehr gesteigert er übertreibt im Spiel und Betz ist so wie so langweilig. Brandt übertreibt, so daß es wirklich unschön ist, in der Probe wo sie nur andeuteten konnte man das noch nicht erkennen. Heute ist die erste Wiederholung. Hinter mir saßen zwei Schreigänse die sagten als das Duett im 2t Act kam; o das ist ja ein Duett von Schumann! Ist das nicht großartig! Eben war Tante Bargiel bei mir um mich zur »Johannespassion« am 27t aufzufordern ich habe es angenommen wenn Bargiel ohne Probe es risciren will denn ich kann von St. Gallen eiligst zurückkehrend nur 27t früh ankommen, ich muß also auch meinen Wunsch in St. Gallen einige Tage zu bleiben und nach Stuttgart zu gehen lassen. Ist dies nicht Alles so unfreundlich von meinem Geschick wie gerne hätte ich zu jeder Zeit die »Johannespassion« gesungen nur soll ich sie unter sehr ungünstigen Bedingungen und mit Aufopferung einer kleinen erhofften Zerstreuung natürlich ohne Honorar und mit vielleicht von der Reise ermüdeter Stimme singen.
Absender:	Fillunger, Marie (2260)
Absendeort:	Berlin
Empfänger:	Schumann, Eugenie (1440)
Empfangsort:


Standort/Quelle:^*)	A-Wn, s.: 979/9-3
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla