Wo bleiben die Briefe mein Engel; dem täglich zweimal durch den Park kommenden Briefbuben eile ich hoffnungsvoll entgegen und es kommt keine Zeile von dem Genchen. Doch auch ich habe Dir diese Woche nicht geschrieben, ein Fall der eingetreten weil ich meine Zeit alle, der Hauseintheilung hier opfernd versuchte den alten Standpunkt der Zusammengehörigkeit herzustellen, der mich im Geiste noch mit meinen Verwandten verband und der durch die Jahre der Trennung wankend geworden und nicht wieder herzustellen, nur ist es kein Schmerz den mir diese Einsicht gekostet.
Wenn Du das Treiben hier sehen könntest Du würdest Deine Fillu als Muster von Fleiß und Thatendurst, Wißbegierde u.s.w erkennen. Sie versinken Alle in dem Sumpfe der hier systhematisch auferzogenen Faulheit.
Mein Genchen der 1 September ist da, kannst Du mir noch nicht verrathen, Du leichtsinniger Wanderer, wann ihr nach Berlin zurückkommt? Wie geduldig muß ich darauf warten, aber wüßte ich den Tag ich hätte leichteres Spiel. Vom 5ten Juni bis ---. Ich freue mich auf dies Wiedersehen! in meinen Träumen erlebe ich es schon mein Genchen, hätte ich Dich erst wieder, Du sollst diesen Winter eine<n> viel besseren Zögling an mir haben und keine Sorgen so hoffe ich.
Oh — nebenan mißhandelt meine Cousine Deines Vaters Werke die ich doch von Mama habe spielen hören. So roh dem augenblicklichen Gelingen überlassend und unrein spielt das Ding. Etwa singe ich so? Genchen ich studiere jetzt anders. bitte zweifle nicht an meiner Aufklärung über mich selbst. (...) Mein Hals ist sehr gut, und meine Stimme sehr gut. Ich habe den »Josua« als Studium vorgenommen. Die Oed ist so herunter daß man nicht mehr musicirt hier, also keine Gefahr der Ermüdung. Jeden Vormittag von 11-12 ist das Klavier frei von lärmenden Enkeln und da übe ich.
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