23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 25965
Geschrieben am: Samstag 08.07.1876
 

Der Nachmittag den ich bei der Fürstin Salm zugebracht erheischt keine besondere Schilderung wir sangen unsere Duette und ausserdem ich „Ich blicke in mein Herz“ und die „Regenlieder“ von Brahms (bei ersterem war ich ganz in Erinnerung an Dich versunken und die Sehnsucht überwältigte mich gänzlich trotz der glotzenden Kinderaugen und sonstigen Forschern die mir zuhörten.) Auf der dreistündigen Spazierfahrt mit der Fürstin und Betty war es so urgemüthlich und konnte man so frisch von der Leber weg reden daß ich nach längerem Orientirungsschweigen ungefragt der wackeren Frau mein Glaubensbekenntniß hersagte.
Betty ist in die Fürstin ganz vernarrt, ich die ich weiß daß es nur ein Genchen giebt, kritisire sie streng und sehe ihr durch alle Falten und Ritzen obwohl sie meinem Seherblick ausweicht. Betty ist heute recht elend und kann kaum ein Wort reden, sie grübelt immer so lange in ihrem armen Gehirn herum bis dieses den Schädel zu sprengen droht. Lieber Schatz, das Leben ist langweilig und endlos ohne Dich und die Sehnsucht macht mich unliebenswürdig und kalt für meine Umgebung.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Baden
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s.: 979/6-4
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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