23.01.2024

Briefe



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ID: 25928
Geschrieben am: Samstag 10.07.1875
 

Du bist mein lichtester Gedanke die sonnigste Idee, der ich stündlich nachhänge, wende Dich nicht von mir und erwärme mein armes Ich. (…)
Ich war Donnerstag in Baden bei Osers fand zu meiner großen Freude Betty schon zurück aus Franzensbad und hatte natürlich eine erschöpfende Unterhaltung mit ihr. (…) Dein Brief ist recht ernst und traurig ich kann mir sehr gut denken wie Du mit leidest unter den dummen Streichen Deines Bruders mache Dir aber keine unnöthigen Sorgen, der jugendliche Leichtsinn nimmt oft monströse Dimensionen an ohne wirklich schädlich auf Charakter und Gemüth zu wirken. Du hattest Dich so sehr gefreut ihn wiederzusehen, nun musst Du ertragen! Es wundert mich daß Dir die Seeluft nicht gut thut denn in den letzten Wochen scheinen Deine Nerven unruhiger zu sein als sie die letzten Tage in Berlin waren, wo ich mich über Deine Ruhe wirklich freute, ich machte diese Bemerkung gelegentlich der Dispositionen die Du trafst. O könnte ich immer bei Dir sein (ich werde doch noch Deine Kammerjungfer) alle die kleinen Excesse Deiner Nerben wüßte ich zu hintertreiben. Ich habe Deine Briefe auch sorgfältig gezählt und zähle mehr als Du d.h. drei von mir sind unter Weg ich bin aber doch im Rückstand – das gestehe ich ein, begreife es aber nicht. 14 Briefe hatte ich von Dir allein im Juni, im Juli habe ich schon 4. Treulos bin ich aber nicht Genchen und 6 Jahre Trennung würde ich nicht überleben. O Genchen wärst Du bei mir, ich bin eben ganz allein zu Hause schreibe am Balcon und sehe immer nach einem Divan im Nebenzimmer wo ich mir fest einbilde Dich sitzen zu sehen, d.h. mein Wunsch Dich so nahe zu haben ist so lebhaft daß ich immer wieder aufsehe um mich von der traurigen Leere zu überzeugen.
(…) Ich lese jetzt ein Buch von einem Deutschen: Spaziergang um die Welt von Hübner. Jules Verne hält den Vergleich in Bezug auf Unterhaltung schon aus wenn auch sonst der Deutsche der eine wirkliche Weltumseglung beschreibt glaubwürdiger ist.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn,s.979/3-4
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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