23.01.2024

Briefe



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ID: 23374
Geschrieben am: Freitag 13.03.1891
 

Frankfurt, den 13. März 1891.
Lieber Johannes,
das ist ja eine freudige Botschaft, die Du mir heute gesandt. Richte es Dir nun ganz ein, wie Dir es am bequemsten ist, nur muß ich Dir sagen, daß ich vom 26. März bis 1. April meine beiden Enkel in ihrer Ferienzeit hier habe, den einen am 1. April hier in die Nähe zu einem Apotheker in die Lehre bringen lassen muß, zuvor ihn ausstatten, kurz, daß diese eine Woche uns vielfach in Anspruch nimmt. Also, bitte, komme vorher, von jetzt ab, wann Du willst, oder nachher. Reisen tun wir jetzt nicht, ich glaube, wir gehn im Mai an die italienischen Seen auf 3–4 Wochen. Jetzt ist es mir noch zu kalt zum Reisen, besonders überall in den Zimmern. –
Wenn Du am 20. kommst, so ist das ja gerade der Tag, wo sie hier Dein Quintett spielen. Da solltest Du aber doch ein paar Tage vorher die Proben hören, es wird jedenfalls eine ganz andere Aufführung. Und wenn es nur einen Tag zuvor wäre, daß Du mit den Herren noch studiertest – es ist gewiß nötig.
Ich bin heute noch ganz freudig erregt! Spielte gestern mit Kwast Deine Haydn-Variationen in dessen Trio-Soiree, und das Publikum war so enthusiastisch, ein wahrer Sturm war es, daß wir sie wiederholen mußten. Hatte ich nun schon an dem Werk so übergroße Freude gehabt, so blieb mir diese ungetrübt durch die Andacht und Teilnahme des Publikums, das nun doch einmal dazugehört, wenn man dasitzt und ihm gibt, was die Seele bewegt.
Wie habe ich bei aller Gemüts-Wonne wieder so recht die Größe des Geistes empfunden, der solch einen Aufbau aus den kleinen, feinen Steinchen schafft, solch ein Kunstwerk hervorbringt! Ich darf nicht mehr schreiben, es überwältigt mich, und ich kann’s ja doch nicht ausdrücken, wie ich es meine.
Leb’ wohl! Mögen Dir recht viele Genüsse in Meiningen werden, lüde mich doch der Herzog ’mal zu solch ’ner Festzeit ein, wie würde ich das genießen.
Also schreibe bald, wenn Du kömmst,
Deiner alten
Clara.

[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Meiningen
Im Schloss.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Meiningen
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1999f.

  Standort/Quelle:*) Umschlag: A-Wst: 55746,5b
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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