23.01.2024

Briefe



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ID: 23344
Geschrieben am: Montag 05.11.1888
 

Frankfurt, den 5. November 1888.
Lieber Johannes,
ich muß meinem gestrigen Schreiben dieses nachsenden, kann die Freude, den Genuß, den ich durch Deine Zigeunerlieder hatte, nicht unausgesprochen mit mir herumtragen. Ich bin ganz entzückt davon, wie so ganz originell, welche Frische, Anmut, Leidenschaft, wie wunderbar die Stimmenführung, so fein und geistreich, wie so verschieden in der Stimmung, daß man trotz des dauernden 2/4-Taktes keine Monotonie empfindet! – Ich will Dir nun heute auch sagen, wie es neulich kam, daß ich nicht so genoß! Sie sangen die Lieder wohl auch schon frisch und flott, aber die Fillu und Kaufmann betäubten einen in dem kleinen Zimmer bei Stockhausen so, daß man nicht genießen konnte, sie sangen durchweg zu stark, gestern aber im Saale glich sich alles so schön aus, sie hatten noch daran studiert und brachten die Pianos viel mehr zur Geltung.
Der Enthusiasmus war groß, es mußten mehrere Lieder wiederholt werden, die Fillu sang mit einer Freiheit und Übermut, daß alle Leute sagten, so haben sie sie nie gehört! –
Du weißt wohl schon durch Stockhausen von allem durch Telegramm?
Laß Dir die Hand drücken, Du lieber Freudenspender, und sei gegrüßt von
Deiner alten Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Wien
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1857f.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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