23.01.2024

Briefe



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ID: 23335
Geschrieben am: Donnerstag 12.04.1888
 

Frankfurt a./M., den 12. April 1888.
Lieber Johannes,
eben zum Schreiben niedersitzend, kömmt mir die Nachricht von Beckeraths Tode – ich bin recht sehr betrübt, er war ein edler Mensch, und was die arme Frau jetzt trägt, kann ich so ganz mit ihr empfinden. Für den schönen Gruß wieder in der Heimat habe Dank, und für Deine freundlichen Worte sonst.
Wegen der D moll-Symphonie spreche ich mit Müller, sobald ich wieder ausgehen darf.
Ich habe nämlich einen heftigen Katarrh von England mitgebracht, und habe Stubenarrest, solange das Wetter nicht besser wird – heute schneit es wieder unaufhörlich. Es ist ein wahrhaft entsetzlicher Winter, auch in Italien soll es schlimm sein, wie ich von Hanaus hörte, die eben von dort zurückgekehrt sind.
Sag’ mir aber, wie komme ich zu Partitur und Stimmen der D moll-Symphonie?
Wie herrliche Reise hast Du vor – sehr freute ich mich, hörte ich einmal von dort einige Worte.
Diesen Monat weihen wir auch unser neues schönes Schulgebäude ein, es ist schon dahin umgesiedelt worden; ich konnte es noch nicht sehen, werde aber in dem Konzert spielen, auch noch einmal im Quartett Deine A moll-Sonate, die mir immer mehr ins Herz wächst.
Fritschens waren vor einem halben (3/4) Jahr nach Hamburg gezogen – ich besorgte Deine Karte dorthin. Die Armen, mußten sie die Mutter so bald verlieren. Von den ungarischen Liedern hörte ich schon, ich meine aber, Stockhausen könnte sie schon einstudieren, wenn er die Stimmen hätte, und mir vorsingen lassen. Bitte, schicke sie ihm, wenn Du abreist – in Italien brauchst Du sie doch nicht, doch nicht, wenn Du es nicht gern tust.
Wirst Du denn (wenn Du nach Italien gehst) im Juni in Stuttgart sein können?
Leb’ wohl! Glückliche Reise, genußreiche versteht sich dann von selbst! Alles hier grüßt! Marie hat Julie jetzt nach Berlin ins Luisenstift, ein ausgezeichnetes Institut, gebracht; ich habe von der Kaiserin eine Freistelle für sie bekommen, vorigen Sommer in Ems hatte sie mir dieselbe schon in Aussicht gestellt, der Abschied war uns aber recht schwer! –
Deine alte
Clara.

[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Wien IV
4 Karlsgasse.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Wien
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1818-1821

  Standort/Quelle:*) Umschlag: A-Wst: 55746,66b
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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