23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 23315
Geschrieben am: Donnerstag 19.08.1886
 

Obersalzberg, den 19. August 1886.
Lieber Johannes,
wieder einmal kam vielerlei zwischen Wunsch und Ausführung. Ich hätte Dir ja gern gleich auf Deinen Brief geschrieben, aber die ruhige Stunde, auf die ich wartete, kam immer nicht. Hier fanden wir liebe Freunde von Eugenie aus Basel, die auch mir schon sehr sympathisch geworden, und da leben wir viele gemütliche Stunden zusammen, und darüber unterbleibt manches, sogar die Korrekturen sind ins Stocken geraten! –
Nun aber Dank für Deine schnelle Antwort neulich – hätte ich die Briefe an Dich eher gehabt (ich ließ sie mir von Elise schicken), dann hätte ich Dich gar nicht mit meiner Anfrage belästigt, denn leider sah ich, was ich vergessen hatte, daß sie alle aus Endenich waren, hatte daher, als Dein ablehnender Brief kam, bereits Härtels schon geschrieben, daß ich ihnen diese Briefe nicht schicken könne. Ich weiß nicht wie es kam, daß ich mir einbildete, Robert habe Dir schon vor seiner Krankheit einige Male geschrieben! – Du weißt ja, ich war stets gegen die Veröffentlichung von Briefen aus dieser traurigen Zeit, wenigstens wünschte ich sie nicht durch mich veröffentlicht. Ich ließ daher auch einen von diesen an Joachim zurück, was mir nicht weniger leid tat, als daß ich die an Dich zurücklegen mußte. Härtels sind bestürzt über diesen Ausfall und bestürmen mich um so mehr, als Du ihnen selbst einmal früher von diesen herrlichen Briefen geschrieben habest. Was über Dich darin steht, gerade das hätte ich gern veröffentlicht; es kommt übrigens in den Briefen an Joachim vieles über Dich, was mich wieder riesig gefreut hat. – Du siehst, Du entgehst dem doch nicht, es schadet auch nichts, die Gescheiten freuen sich darüber, den Dummen kann man es nicht genug sagen! –
Wir leiden recht vom schlechten Wetter, jeden guten Tag erkaufen wir mit vielen schlechten. Die viele Feuchtigkeit tut mir nicht gut, und wir werden daher wohl für den September noch nach Meran gehen. Florenz ist ganz fraglich geworden wegen der Cholera. Bis zum 28. d. M. bleiben wir hier, da uns noch Steinmetz mit Frau hier besuchen. Anna Franz sah ich auch schon einige Male, und morgen wollen wir zu ihr hinunter. Herzogenbergs sehen wir gar nicht – sie haben ihr Haus voll von Verwandten. –
. . . . Frank, Fischer etc. habe ich noch nicht gesehen – das Wetter erschwert das Heraufkommen zu sehr.
Wüßte ich doch manchmal etwas von Deinem Dichten und Trachten! Doch genug; Lebewohl rufe ich Dir noch zu, und beste Wünsche für Dein Innen- und Außen-Leben.
Deine alte
Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Vordereck/Obersalzberg
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Thun
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1750ff.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.