23.01.2024

Briefe



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ID: 23269
Geschrieben am: Donnerstag 05.05.1881
 

Mai 1881, Myliusstraße 32.
Liebster Johannes,
ich darf Dich ja wieder in Wien vermuten, und da will ich denn meinen Geburtstaggruß dorthin richten. Ich hatte eigentlich gehofft, Du würdest ihn, von Holland kommend, hier bei uns wieder feiern! Gern hätte ich gehabt, Du hättest Dir Dein Köfferchen hier geholt. Ich will nun dasselbe mit nach Österreich (Gastein) nehmen und von dort es Dir schicken, wo Du dann keine Maut-Umstände hast.
Wie mag Dir Wien jetzt behagen? Die Kälte nach dem herrlichen Frühjahr in Italien! Warum bist Du eigentlich so früh zurückgekehrt? Du hättest, einmal dort in Italien, es länger genießen sollen.
Mir geht es mit dem Arm nicht gut, ich schreibe mit Mühe und Schmerz, daher will ich einiges Geschäftliche noch diktieren. Von unserem Leben jetzt will ich Dir noch erzählen, daß es mit Elise und ihrem Manne sehr gemütlich ist, die Kinder sind auch, der Kleinste besonders, lieblich, aber leider können sie überhaupt nur bis Mitte September in Europa bleiben, also kann von italienischen Plänen mit ihnen keine Rede sein. In 14 Tagen verlassen sie uns, um später im August wieder mit uns zusammenzutreffen, wo dann auch vielleicht Marmorito uns seinen kleinen Robert hinbringt. – Wir schwanken noch zwischen einem Ort in der Schweiz oder Vordereck bei Berchtesgaden. Du wunderst Dich gewiß über meine Bogen, aber ich muß ein liebreich gemeintes Geschenk aufbrauchen, denke Dir, einen Kasten voll Papier aller Art und überall den Namen!! Also das Geschäftliche wäre: In den Davidsbündlern im vorletzten Stück, meinten einige, müsse es an der Stelle, die Herzogenberg auf beifolgender Karte erwähnt, erst „eis“ und dann „e“ sein. Ich bat H., sich ’mal das Manuskript von Kirchner anzusehen; und nun bewährt sich das Sprichwort: „Wer viel fragt etc. etc.“
Jetzt schreibt er von einem vor „f“. Was hältst Du davon? Ich habe die Davidsbündler hier und kann es noch korrigieren.
Daß ich meinem Geburtstagbrief noch solch ein Geschäftsanhängsel machen muß, tut mir recht leid.
Auf das neue Bögelchen kommen nun nur noch unser aller herzlichste Glückwünsche. –
Mögest Du den Tag mit nicht gar zu vielem Katzenjammer feiern, und der Gedanke an die warmen Herzen, die Dir in dem kalten Deutschland schlagen, das Deinige erwärmen.
Deine alte
Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Wien
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1620ff.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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