Frankfurt a./M., den 15. Dezember 1880.
Liebster Johannes,
Du bist nun wohl wieder in Wien angelangt, und gleich wirst Du wieder von der lästigen Freundin in Anspruch genommen. Es hilft aber nichts – Du hast einmal A gesagt, und ich kann Dir das B nicht ersparen. Hier liegt eine Zuschrift von Härtels bei, die ich unmöglich zurücksenden konnte ohne Dein Gutachten. – Bitte sieh sie ’mal durch, und hast Du etwas zu erwähnen, so notiere es und sende es Härtels direkt wieder zu. Den Brißler betreffenden Brief erbitte ich mir gelegentlich zurück.
Nun zu Dir, lieber böser Freund! Ich mußte darben, und hatte nicht einmal eine Karte nach dem 4. Endlich jetzt schrieb mir Frau von Herzogenberg einen eigensten Brief über Dich, Dein herrliches Requiem, das nur leider durch die miserablen Soli recht gelitten hätte. Das Publikum hat sich aber, wie mir scheint, nett anständig benommen! –
Wie hast Du Dich sonst in Berlin gefühlt? Hast Du mir in den Zelten auch einmal einen Gedanken geschenkt? Dieser Tage kommt Joachim – ich freue mich, nach so langer Zeit einmal wieder das Beethovensche Konzert zu hören! Außerdem wird mir die Freude, im Quartett Deine Sonate mit ihm zu spielen. . . .
Sei herzlichst gegrüßt, lieber Freund, von
Deiner alten
Clara.
Bist Du am 6. Jänner in Breslau? Oh, könnte ich doch dahin. Wie warst Du mit den Ouvertüren zufrieden? Wie lange warst Du in Berlin und bei Grimm? Auch in Hannover?
[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Wien IV
4 Karlsgasse.
|