Kiel, den 21. Juni 1879.
Lieber Johannes,
. . . . wie schade ist es, daß Du in Felixens Nachlaß nichts Passendes findest, wie schön wäre so ein Strauß von Dir gewunden! Es war eben alles noch so wenig gefeilt, mehr so, wie der Moment es gab, nicht ohne Talent, aber doch kein bedeutendes, glaube ich. Felix hatte eben Talent zu vielem, in keiner Sache aber außerordentliche Begabung. Es könnte aber sein, daß sich dies erst später gezeigt hätte, seine Krankheit hinderte ihn ja schon jahrelang an jedem ernsten Studium.
Neulich erhielt ich ’mal seit langer Zeit wieder Nachricht über Ludwig, die so schauderhaft war, daß mir ordentlich das Herz erzitterte . . . . So ein armer unglücklicher Mensch lebt nun, und der andere, der geistig begabt, dem das Leben mit allen seinen Reizen offen stand, stirbt. Warum das? . . .
Gestern wurde mir die erfreuliche Nachricht, daß im Herbst das Denkmal in Bonn enthüllt werden soll. Diesmal hoffe ich sicher, daß Du dabei nicht fehlen wirst, ich meine aktiv.
Heute folgt nun mein Produkt – willst Du mitleidig lächeln, so tue es verstohlen, aber räsonnieren tue nur ordentlich, das vertrage ich ganz gut. Übrigens ist es weder das eine noch das andere wert.
Am 27. reise ich hier ab – die Knetkur hat mir gut getan, und nicht weniger der Aufenthalt bei den liebenswürdigen, wirklich schönen Seelen auf mein Gemüt den wohltätigsten Einfluß gehabt. Hätte ich doch in Frankfurt ein paar solche Freunde, die den Sinn und das Gemüt für alles offen haben; solcher Verkehr ist doch wahrhafter Gewinn. Ich bleibe in Hamburg 2–3 Tage, hoffe, Elise zu sehen, dann gehe ich für eine Woche nach Düsseldorf. Adresse: bis 4. Juli Hamburg, Hohenfelde, 7 Elisenstr., dann bis 10. Düsseldorf, 7 Jägerstraße, nachher bis 18. Juli Frankfurt.
Ich hoffe, eine dieser Adressen wirst Du benutzen – tue es, lieber Johannes.
Gehab’ Dich wohl, genieße die Freuden Landes und Wassers, und gedenke Deiner alten
Clara.
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