23.01.2024

Briefe



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ID: 23088
Geschrieben am: Sonntag 03.12.1865
 

Meines Wissens habe ich Dir aus der Schweiz nur einmal geschrieben? Oder doch mehr? Die Zeit war auch recht unruhig, liebste Clara, u. Du weißt wie leicht ich mir m. Zeit nehmen lasse. Nun bin ich Gestern hierher gekommen u. Heute Morgen bei Levi will ich Dir denn auch weitläufig erzählen wie gut es mir ergangen.
In der That über m. Erwarten gut in jeder Beziehung. Vor Allem ist mir das Liebste daß ich wirklich Talent zum Virtuosen habe. Ich bin durchaus nur abhängig vom Clavier was ich habe, ist das gut so spiele ich |2| mit dem größten Behagen u. der besten Ruhe, desto größer die Sachen desto besser. Ich habe 2 mal die Fantasie op. 17 u. 2 mal die Paganini Var außerdem Orgel-Sachen (d moll) u. A. gespielt. Ungefähr 1800 Franks habe ich mitgebracht!
Wie schön mich die Leute aufgenommen haben magst Du daraus sehen, daß nach dem ersten Concert in Zürich wo ich die D dur Serenade aufführte, einige Musikfreunde (namentlich Dr. Lübke, Prof. Billroth u. Wesendonk) ein Privat-Concert am Sonntag früh veranstalteten damit sie m. Concert u. die A dur Ser. noch hören könnten.
Sie mietheten das Orchester, telegrafirten nach allen Enden, damit die Stimmen etc. gewiß kämen u. jedem der sich |3| dafür interressirte war ohne Weiteres das Zuhören erlaubt. Da <wurde denn> übte ich denn erst das <Orch>Concert mit dem Orch. u. Kirchner dirigirte es mir[,] dann schließlich die Serenade. Die Musiker waren mir höchst zugethan sodaß die Geschichte sehr gemüthlich war.
Ich hatte einen schönen Erard, der Hug’s Privatbesitz war, der wanderte mit Hug u. Stimmer auch nach Winterthur u. bedankte sich schließlich für die Ehre ohne was zu kosten. Hüni, den ich zum Orchester brauchte, machte es eben so liebenswürdig, kurz, die Leute haben mich weidlich verwöhnt!
Montag ist hier m. Horntrio, Dienstag in Mannheim: A moll Quartett v. Schubert, Fantasie v. R. Sch. u. m. A dur Quartett.
<Weihnacht>Am 12 u. 19 Dec spiele ich in Köln u. am 20ten in Detmold wo ich denn doch Weihnacht bleiben werde.
|4| Ich wohne in Köln bei Königslöw u. i Detmold bei Bargheer, (doch jedenfalls bis zum letzten des Jahres[)].
Die Stimmen habe ich sogleich von Zürich an Damrosch geschickt, weil ich nicht erinnerte ob eine Partitur dabei gewesen, haben wir Gestern noch von hier eine nachgeschickt.
Hast Du m. Brief (über das Baseler Concert) in Berlin bekommen? Ich verstehe den Calender nicht, aber das Concert war ja am 19ten u. Du frugst am 28ten darnach! Ich habe ja gleich darüber geschrieben, nach Berlin, daß ich 800 frs verdient etc. etc. ? ?
Deinen Hamb. u bei Rieter Deinen Dresdner Brief habe ich bekommen u. danke tausendmal.
Wo bist Du denn Weihnacht, wohl in München? Wärst Du in Düsseldorf, könnte ich eigentlich kommen! Schreibe doch nach Köln! Vom 6ten bis 19ten bin ich da.
Doch jetzt recht herzlich Lebewohl, ich muß mehr Briefe schreiben u. habe ich Dir auch eilig geschrieben so denke ich doch oft genug an Dich im schönsten Adagio-Tempo u. recht con espressione!
Ganz Dein
Johannes
Levi grüßt.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Karlsruhe
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Breslau
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1001-1004

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. nachl. K. Schumann 7, 142
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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