„Dieser Brief wurde in den Anlagen des Rugen auf dem Erdboden liegend gefunden u. auf der Post in Interlaken von dem Finder aufgegeben.“!
Ich war sehr in Versuchung Dir Gestern zu telegraphiren u. jetzt finde ich es auch gar nicht hübsch, daß ich es mir genügen laße nur gleich zu schreiben. Ob es nicht doch der heimliche Gedanke war, auf die Weise einen zweiten Brief zu bekommen?! Aber jetzt danke |3| ich herzlich für das verirrte zarte Wesen, Deinen sehr lieben Brief u. freue mich daß Ihr es behaglich u. gut dort habt, daß es auch mit Ferdinand, mit Eugenien, kurz mit Allem so nach Wunsch geht.
Im Wald sitzen u. Briefe schreiben, zum Frühstück die Jungfrau sehen – der Sommer verspricht sehr hübsch zu werden!
Mit Joachims oft u. lange zusammen zu sein, vermeiden meine Gedanken – wie ich selbst.
Und wenn ich denke daß er sich dies trostlose, zerfahrene Dasein |2| ohne jeden wirklichen <E>Anlaß, mühsam u. unabläßig selbst geschaffen hat! Da ist es denn doch besser, wie ich, allein zu sein u. zu bleiben.
Meine Volkslieder werden Dir (u. mir) wohl nächster Tage zugehen. Ich denke mit Freude, daß Dir nicht viele unsympathisch sein können, wohl aber manche Einzelne immer schöner u. lieber sein werden, je genauer Du sie betrachtest u. bedenkst, je tiefer Du Dich hinein versenkst. Mit wie wenig Worten u. Tönen ist oft das Tiefste gesagt, jede Stimmung ganz ausgeschöpft.
|4| Jetzt fällt mir ein: der Anfang m. Briefes bedarf doch keiner Erklärung? Du hast doch gemerkt daß Du Deinen Brief verloren hattest? Ich kriegte ihn, mit der obigen <R>Notiz auf der Rückseite u. war sehr vergnügt über den freundlichen Finder.
Was sagst Du zu inliegender Karte? Verführt sie Dich nicht, Dir auch solche machen zu laßen? Leider aber kann man sie gar zu selten gebrauchen. Lieber (die kürzeste Antwort ohnehin) aber lieber auch keine, als eine gedruckte – werden alle Leute sagen.
Nun sei mit allen Deinigen herzlichst gegrüßt u. laß Dir die lieben Volkslieder recht wohl gefallen, Interlaken u. Alles dazu.
Von Herzen Dein
Johannes
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